Fischers Amt ignorierte Warnungen

Botschafter Stüdemann wies bereits im März 2002 auf die katastrophalen Zustände vor der Kiewer Visastelle hin

BERLIN taz ■ Der Druck auf Außenminister Joschka Fischer wächst schneller als erwartet. Gestern konterte Fischer Vorwürfe, er habe im März 2003 persönlich von den Visaproblemen an der Kiewer Botschaft erfahren, mit seiner schnellen damaligen Reaktion. Bereits Ende März, so ließ Fischer mitteilen, habe er den Missstand der massenhaften Verwendung von Reiseschutzpässen behoben.

Dokumente, die der taz vorliegen, belegen jedoch, dass Fischers Außenministerium über die krassen Zustände vor der Botschaft bereits ein Jahr zuvor Alarmmeldungen erhalten hatte. Im März 2002 wies der Botschafter in Kiew, Dietmar Stüdemann, darauf hin, dass er „bescheidene Ordnung“ in der Warteschlange nur mit Hilfe der ukrainischen Miliz herstellen könne. „Zustände vor den Toren der Visastelle“, so Stüdemann in einem Fernschreiben vom März 2002, „drohen … zu eskalieren.“

Stüdemann machte besonders den von Rot-Grün zugelassenen Reiseschutzpass verantwortlich, jenes Dokument, das Fischer erst ein Jahr später in seiner Geltung begrenzte. Auch BKA und Innenministerium warnten schon im Mai 2002 vor dem in der Ukraine vertriebenen Pass, der „nicht mehr kontrollierbare kriminelle Arbeitsweisen“ bei der Sichtvermerkserschleichung mit sich bringe. CIF

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