Steuersparer angezählt

Die Staatsanwaltschaft durchsucht Räume des Berliner Steuerzahlerbundes. Vorsitzender Brinker und der Verwaltungsratschef sollen Geld veruntreut haben. Führungsstil von Brinker heftig umstritten

VON ULRICH SCHULTE

Günter Brinker ist empört: „Die bollern an die Tür, das ganze Haus dröhnt, unglaublich.“ Statt – wie sonst – die Verschwendung von Steuergeldern in Tempodrom, Akademie der Künste oder Amphibientunneln anzuprangern, regte sich der Vorstandschef des Landesverbands des Bundes der Steuerzahler gestern über die Staatsmacht auf.

Es ist schon absurd: Ausgerechnet der Verein, der sich gegen öffentliche Misswirtschaft stark macht, hat am Dienstag Besuch der Staatsanwaltschaft bekommen: Zwölf Beamte durchsuchten an vier Orten Räumlichkeiten, darunter die Privatwohnung von Chef Brinker, und beschlagnahmten zehn Kisten mit Akten. Der Vorwurf gegen Brinker und den Verwaltungsratsvorsitzenden Kurt Fischer-Weiherig lautet Untreue. „Vereinsmitglieder brachten die eigennützige Verwendung der Vereinsgelder durch die ehrenamtlich tätigen Beschuldigten zur Anzeige“, sagte Staatsanwaltssprecher Michael Grunwald gestern. Der Schaden soll bei 100.000 Euro liegen.

Ausführlicher als die gewohnt wortkarge Staatsanwaltschaft äußerte sich Günter Brinker zu den Vorwürfen, die er als „unsinnig“ abstreitet: „Wir haben den Verdacht, dass der Bund mundtot gemacht werden soll.“

Geradezu abwegig sei der Anwurf, der Steuerzahlerbund hätte in unzulässiger Weise eine Ausstellung in der Urania zum Bankenskandal mitfinanziert. „Der Betrag von 8.700 Euro ist absolut satzungsgemäß geflossen“, so Brinker. Auch Vorwürfe bezüglich überhöhter Reiseaufwandsentschädigungen und des seit sieben Jahren etablierten Sommerfests des Steuerzahlerbundes seien haltlos, auch die Behauptung, er habe einen privaten Parkausweis unzulässigerweise über den Verein finanziert: „Der gehört einfach dazu, ich brauche eben einen Parkplatz vor dem Haus.“

Thema der Ermittlungen ist offenbar auch eine alte Geschichte: Eine Einmalzahlung von 72.000 Mark, die Brinker im Jahr 2001 vom Verein kassierte. „Das lief absolut rechtens. Sogar die Mitgliederversammlung hat die Zahlung beschlossen“, so Brinker. Er habe dafür zwei Jahre lang die Arbeit eines erkrankten Vorstandskollegen mitgemacht. Das Zusatzsalär hatte für Schlagzeilen gesorgt. Ein Mitglied des Verwaltungsrats hatte Brinker damals Bereicherung vorgeworfen und etwa kritisiert, dass er das Geld durch die Investition in einen Lebensversicherungsfonds steuerfrei kassieren wolle. Wie die jetzigen Ermittlungen ausgehen, sei „völlig offen“, betont die Staatsanwaltschaft.

Davon unabhängig ist Brinkers Führungspraxis seit Jahren intern heftig umstritten. Das betrifft auch seine eigene Entlohnung, die die Landesverbände in Eigenregie regeln. Ein Berliner Mitglied sagte gestern der taz: „Brinker benutzt den Bund der Steuerzahler, um sich zu bereichern.“ Der Vorstandsvorsitzende, im Hauptberuf Unternehmensberater, stellt dem Landesverband monatlich 3.800 Euro Honorar plus Mehrwertsteuer in Rechnung. „Völlig unverhältnismäßig – er sitzt höchstens vier Stunden pro Woche in seinem Büro“, so der Kritiker.

Brinker selbst schätzt seine Arbeitszeit auf 30 Stunden („viel zu viel eigentlich“) und verweist auf Vorträge, Pressegespräche und andere Tätigkeiten außer Haus. Viel erledige er in seinem privaten Büro.

Zudem, sagt das Mitglied weiter, habe der eingetragene Verein unter Brinker ein beträchtliches Vermögen angehäuft: „Das ist mit der Gemeinnützigkeit nicht mehr vereinbar.“ Brinker bestätigt eine Summe von einer Million Euro, profitabel angelegt in Bundesschatzbriefen und Geldmarktfonds. Das Finanzamt habe die Gemeinnützigkeit immer wieder bestätigt, argumentiert er: „Will man mir jetzt sparsames Wirtschaften vorwerfen?“

Der Landesverband finanziert sich durch seine über 14.000 Mitglieder. Sie zahlen 40 Euro im Jahr, monatlich also weniger „als ein halbes Hähnchen mit Pommes“, wirbt die Internetseite.