Halbe Hochzeit

Wer übernimmt nun die „Berliner Zeitung“? Die geplante Neufassung des Pressefusionsrechts sorgt bei Holtzbrinck weiter für leichte Kopfschmerzen

von STEFFEN GRIMBERG

Zu einem großen Medienkonzerne zu gehören bedeutet manchmal auch, in ureigenster Sache nicht reden zu dürfen: Wer gestern beim Tagesspiegel anfragte, wie denn der Kompromiss in Sachen Neufassung des besonderen Kartellrechts für die Presse (taz vom Dienstag) der Geschäftsführung beim Berliner Traditionsblatt schmecke, wurde höflich gebeten, doch lieber bei der Holtzbrinck-Zentrale in Stuttgart vorstellig zu werden.

„Die Novellierung ist weitaus restriktiver als der Vorschlag des Verlegerverbandes“, heißt es dort verschnupft. Denn für den Konzern ist es ein Sieg zweiter Klasse: Zwar kann der Tagesspiegel nach den jetzt beabsichtigten Veränderungen umfängliche Kooperationen bei Anzeigen, Druck und Vertrieb mit der Berliner Zeitung eingehen. Diese müsste Holtzbrinck aber vorher nun doch wieder verkaufen. Übernommen hatte man das Blatt im Juni 2002, das Kartellamt verweigerte der Übernahme seither mehrfach den Segen. Formal gehört die Berliner Zeitung daher weiter der Bertelsmann-Tochter Gruner + Jahr – die an jedwelchen Kooperationen mit dem Tagesspiegel nicht interessiert ist.

Dass man sich letztlich einigt, gilt aber als sicher. Holtzbrinck hat im Verlauf der Berliner Zeitungsposse schließlich schon absurdere Dinge – wie eine umfängliche Anhörung zur angeblichen Unverkäuflichkeit des Tagesspiegel gefolgt vom Verkauf an einen langjährigen Konzernmanager – durchexerziert.

„Wir Parlamentarier haben das Gesetz aber nicht mit Blick auf die Berliner Situation geschaffen“, hatte der SPD-Medienpolitiker Hubertus Heil am Dienstag Spekulationen um eine reine „Lex Holtzbrinck“ zurückgewiesen. Der „sachdienliche Kompromiss“, dem Bundestag wie Bundesrat zustimmen müssen, sichere auch bundesweit die Pressevielfalt.

Denn die Kriterien, nach denen das Kartellamt Kooperationen von bis zu fünf Zeitungen zulassen kann, legen im Vergleich zur zuvor diskutierten „Altverlegerklausel“ die Latte deutlich höher: So müsse sich nicht nur „die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen verbessern“ – das würde stets zutreffen, denn weshalb würde man sonst kooperieren wollen? Die Zusammenarbeit auf Verlagsseite muss aber auch „für die langfristige Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage und die Fortführung mindestens einer der beteiligten Zeitungen erforderlich“ sein. „Dass diese Kriterien vom Kartellamt geprüft werden müssen“, sagt der Medienexperte Horst Röper, „ist ein ganz wesentlicher Schritt – zum Erhalt der Reste der Vielfalt, die wir noch haben.“