Das Licht am Ende des Tunnels ist zu grell

In Burundi, seit 1993 Schauplatz eines Krieges zwischen Tutsi-Militär und Hutu-Rebellen, beginnt der Wahlkampf für ein Verfassungsreferendum und weitere Urnengänge. Gleichzeitig sorgen unstillbare Machtgelüste für Unsicherheit

BRÜSSEL taz ■ Zwölf Jahre ist es her, dass in Burundi zum ersten und letzten Mal demokratische Wahlen stattfanden. Der damals gewählte Präsident überlebte nur wenige Monate, und nach seiner Ermordung durch Soldaten brach ein Bürgerkrieg aus, der inzwischen über 300.000 Tote unter den 7 Millionen Einwohnern des Landes gefordert hat. Jetzt beginnt ein neuer Anlauf: Ende Februar gibt es ein Referendum über eine demokratische Verfassung, und bis April sollen Kommunal- und Parlamentswahlen sowie eine indirekte Präsidentschaftswahl folgen.

Dreimal ist das Referendum bereits verschoben worden, und auch jetzt sind die technischen Probleme mit der Wählerregistrierung noch nicht vollständig behoben. Dennoch hat Anfang dieser Woche der Wahlkampf offiziell eingesetzt, mit der Rückkehr des historischen Hutu-Rebellenführers Leonard Nyangoma aus dem Exil unter dem Jubel tausender seiner Anhänger. Das politische Klima heizt sich auf.

Kleben an der Macht

Zahlreiche Hürden sind noch zu überwinden. Eine ist politisch. Das Friedensabkommen von Arusha aus dem Jahr 2000, das dem Friedensprozess zugrunde liegt, schrieb eine dreijährige Übergangsfrist vor, mit dem vorherigen Tutsi-Militärdiktator Pierre Buyoya als Präsident für die ersten 18 Monate und dem Hutu Domitien Ndayizeye für die letzten 18. Die Übergangsperiode begann Ende Apil 2002 und endet daher Ende April 2005, wenn eine gewählte Regierung die Macht übernimmt. Laut Übergangsverfassung dürfen die beiden Übergangspräsidenten Buyoya und Ndayizeye nicht für ihre eigene Nachfolge kandidieren. Aber beide würden das gerne tun. Um diese Gelüste sowie Bestrebungen nach einer direkten Präsidentenwahl durch das Volk statt einer indirekten durch das Parlament vorerst aus der Welt zu schaffen, bedurfte es einer Klarstellung der südafrikanischen Friedensvermittlung, dass keine Verfassungsänderung vor den Wahlen mehr möglich sei.

Dennoch prognostiziert Präsident Ndayizeye jetzt schon „Schwierigkeiten früher oder später“. Die größte Tutsi-dominierte Formation „Uprona“ (Union für Nationalen Fortschritt) beharrt nach wie vor auf einer Verfassungsänderung, damit frühere Präsidenten erneut zu Wahlen antreten dürfen – sie hofft, damit Buyoya erneut ins Spiel zu bringen.

Die letzte noch kämpfende Hutu-Rebellenbewegung FNL (Nationale Befreiungsfront) sagt wiederum, die mehrfache Referendumsverschiebung sei ein Manöver, um Ndayizeye möglichst lange an der Macht zu lassen – die radikalen Hutu-Rebellen sieht den heutigen Präsidenten als Verräter, weil er mit den früheren Tutsi-Militärmachthabern paktiert.

Krieg in den Bergen

So ist der Streit um die Präsidentschaftswahl noch akut, und es ist nicht sicher, dass sie überhaupt vor Ende April stattfinden kann. Dazu kommt die nach wie vor große Unsicherheit in Teilen Burundis. Außenminister Térence Sinunguruza meinte zwar auf einem Besuch in Brüssel, dass die andauernden Angriffe der FNL-Rebellen die Wahlen nicht verhindern werden können: 16 der 17 Provinzen Burundis seien ruhig. Aber die 17. Provinz, in der noch gekämpft wird, ist Bujumbura-Rural, also das bergige Gebiet rings um die burundische Hauptstadt, und immer wieder kommt es auch in der Stadt zu Gewaltakten.

Im Januar wurde 30 Kilometer außerhalb der Hauptstadt der Gouverneur der Provinz Bubanza in einem Hinterhalt getötet. Die Armee beschuldigte die FNL – diese machte die einst größte Hutu-Rebellengruppe FDD (Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) verantwortlich, die jetzt Teil der Regierung ist und sich gute Chancen auf einen Wahlsieg ausrechnet.

Die UN-Mission in Burundi (Onub) weist darüber hinaus auf ein starkes Ansteigen der Kriminalität hin: Zehn Todesopfer krimineller Gewalt zähle das Land heute jeden Tag, gegenüber drei vor einem halben Jahr. Alle bewaffneten Gruppen Burundis außer der FNL haben den Kampf eingestellt, aber von Burundis 80.000 Bürgerkriegskämpfern, von denen 25.000 in eine neue nationale Armee übernommen werden sollen, wurden bisher nur 5.000 demobilisiert. Der Rest verdient sein Geld mit der Waffe. Vor allem ehemalige FDD-Rebellen sollen dutzendfach wahllose Verhaftungen durchgeführt haben. FRANÇOIS MISSER