Anne-Sophie – Transitstation Glamourwelt

ANNE-SOPHIE BRIEST Die Schauspielerin leidet heute nicht mehr in Sat.1-Filmen, sondern leitet einen Kindergarten in Berlin-Mitte

„Ich bin eine Frau, blond, blauäugig, sehe naiv aus – mir trauen die meisten eh keinen geraden Satz zu“

Vorsicht: Anne-Sophie Briest nutzt uns aus. Sie und mich. Die Schauspielerin, die 1994 durch den Sat.1-Film „Natalie – Endstation Babystrich“ berühmt wurde, tut es für die Kinder. Klingt herzerweichend, hat aber einen simplen Hintergrund: Briest gründete im vergangenen Jahr zusammen mit einer Kollegin die be smart academy, für die „Kindergarten“ ein viel zu profanes Wort ist. Dort, in Berlin-Mitte, lernen und spielen die Kinder nicht in der blauen, roten und grünen Gruppe, sondern in Klassen, die „Olympia“, „Darwin“ oder „Beethoven“ heißen.

Der zweisprachige Bildungshort ist heute der Arbeitsplatz der 35-Jährigen. Dort weiß Briest nicht nur ihre Popularität, sondern auch ihr jugendliches Antlitz gewinnbringend einzusetzen: „Meine Partnerin und ich können bei Verhandlungen mit Förderern ‚Guter Bulle, böser Bulle‘ spielen“, sagt sie. „Ich bin eine Frau, blond, blauäugig, sehe naiv aus – mir trauen die meisten eh keinen geraden Satz zu.“

Briest kann gerade Sätze – und das sogar in vier Sprachen (neben Deutsch und Englisch auch Russisch und Türkisch), doch bringt sie mit ihrer Berliner Schnauze auf den Punkt, warum sie an Rollen wie „Natalie“, die sie auch noch in vier Sequels verkörpert hat, haften blieb: „Obwohl ich zweifache Mutter bin, würde ich nie die Rolle der Mama bekommen, zu so einem Casting brauch ich gar nicht hinzugehen.“ Anne-Sophie Briest hat sich damit arrangiert: Mit vierzig will sie die Rollen der Dreißigjährigen spielen.

Doch zum Spielen von Film- oder Serienrollen kommt sie in letzter Zeit sowieso kaum noch, Briest kümmert sich zu wenig darum. Der Kindergarten füllt sie aus: „Ich bin eine gute Netzwerkerin, bringe gerne Menschen zusammen – hätte ich einen reichen Mann, ich wäre die perfekte Charity-Lady.“ Bei der Suche nach dem passenden Mann wollte ihr bereits ein Fernsehsender unter die Arme greifen. Eine Hauptrolle in einer Castingshow – Briest hat abgelehnt.

Das hätte weder ihr noch dem Kindergarten genützt. Lieber würde sie in einer Serie die knallharte Staatsanwältin mit dem sanften Babyface mimen – also ihre eigene Ambivalenz.

JÜRN KRUSE