Hochwasserschutz ohne Durchbruch

Der Streit um das Hochwasserschutz-Gesetz droht zum rot-grünen Desaster zu werden: Rheinland-Pfalz blockiert

BERLIN taz ■ Das Hochwasser in Bayern hat den ersten Toten gefordert. In der Oberpfalz bargen Polizeitaucher die Leiche eines 84-Jährigen aus der Weißen Laaber. Der Rentner war am Montag ertrunken. Zu allem Unglück hat die Oberpfalz nichts mit Rheinland-Pfalz zu tun – jedenfalls nicht geografisch: Das für gestern angesetzte Vermittlungsgespräch zwischen Bundestag und -rat zum Hochwasserschutzgesetz ist geplatzt – wegen der anhaltenden Proteste aus Mainz.

Dabei bedürfte das rot-grüne Gesetz eigentlich nicht der Zustimmung des Bundesrats. Nur weil die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und Brandenburg, Kurt Beck und Matthias Platzeck (beide SPD), sich quer stellen, wurde aus der CDU-Ablehnungsfront eine blockierende Zweidrittelmehrheit – die allen Überzeugungskünsten im rotgrünen Lager standhielt.

Es geht um das Verbot von Acker- oder Häuserbau in potenziellen Überschwemmungsgebieten. Während der Bund als Lehre aus dem Hochwasser 2002 ein Vorsorge-Gesetz verabschiedet hat, wollen die meisten Länder nur besseres Management – und rot-grüne Vorgaben allenfalls in Ansätzen realisieren. Ergebnis: ein Verhandlungspatt.

Eigentlich wollte sich der Bundesrat morgen mit dem Regierungsentwurf befassen. Jetzt wird er wohl von der Tagesordnung genommen. Das Risiko eines politischen Flurschadens für Bundeskanzler Gerhard Schröder ist zu groß: Noch nie ist ein Gesetz seiner Regierung an der SPD im Bundesrat gescheitert.

„Wir sind den Ländern sehr entgegengekommen“, urteilt Michael Schroeren, Sprecher von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne). Zuletzt hatte eine Arbeitsgruppe, der neben Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Bundesumweltministerium und den Regierungsfraktionen auch Sachsen angehörte, Auswege gesucht. „Vieles, was der Bund in seinem Gesetz vorsieht, ist in unserem Landesgesetz bereits Realität“, so eine Sprecherin von Sachsens Umweltminister Stanislaw Tillich (CDU).

Aus den Verhandlungskreisen werden nun vier Optionen kolportiert. Erstens: Man lässt das Gesetz scheitern – schon um Brandenburgs Deichgraf vorzuführen. Zweitens: Man schiebt es bis zum Ende der Legislatur vor sich her. Beides würde am Status quo des Hochwasserschutzes nichts ändern. Drittens bringt man das Gesetz noch einmal neu in den Bundestag ein – und hofft, dass die Blockierer ihre Position ändern. Und zuletzt schließlich: Man kommt ihnen entgegen und verwässert das Gesetz weiter.

Letzteres scheint am unwahrscheinlichsten: „Wir sind schon jetzt vom ursprünglichen Gedanken weit weg“, sagt einer aus dem Verhandlungskreis. Ein anderer, der Grüne Reinhard Loske: „Für uns ist wichtig, das Gesetz substanzvoll ins Ziel zu bringen. Schließlich sind wir auch dafür 2002 wieder gewählt wurden.“

NICK REIMER