Transparenz in Stufen

Grüne versenken die Idee der kompletten Offenlegung der Abgeordneten-Einkünfte. Einigung mit Opposition erhofft

BERLIN taz ■ Rot-Grün hat eine vollständige Offenlegung der Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten gemeinsam versenkt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Wilhelm Schmidt erklärte gestern, Grundlage für nun anstehende Gespräche mit der Opposition sei das SPD-„Stufenmodell“. Dies sieht vor, dass die Abgeordneten ihre Einkünfte in noch zu beziffernden „Stufen“ angeben: etwa 0 bis 2.000, 2001 bis 5.000 Euro und so weiter.

Die Grünen haben ihre Forderung nach kompletter Offenlegung der Einkünfte aufgegeben. Der grüne Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck sagte gestern zur taz: „Wir wollen lieber Reformen, als in Reinheit und Schönheit zu sterben.“ Die Grünen-Position sei „mit keiner anderen Fraktion im Haus verhandelbar“, nun gebe es wenigstens eine rot-grüne Linie.

Bislang sieht es allerdings nicht so aus, als wolle die Opposition den Regierungsfraktionen näher kommen. Zwar hat SPD-Chef Franz Müntefering erklärt, schon nächste Woche werde es dann „gemeinsame Eckpunkte“ für eine Gesetzesnovelle geben. Woran die SPD jedoch gemessen haben will, dass die CDU ihr entgegenkommt, bleibt bislang ihr Geheimnis. Die FDP, so heißt es, will ohnehin nicht mitmachen.

Nun hat Rot-Grün bereits erklärt, zur Not werde man die Nebeneinkünfte-Frage auch im Alleingang regeln. Die Grenzen einer Neuregelung wurden Anfang des Monats von einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags aufgezeigt. Dies stellte zum Beispiel klar, dass eine Veröffentlichung des Steuerbescheids gegen die Persönlichkeitsrechte der Abgeordneten verstieße.

Jedoch kritisierte das Gutachten ausdrücklich die „künstliche“ Trennung zwischen Beruf und Nebenberuf der Abgeordneten. Es mache keinen Sinn, dass die Politiker dem Bundestagspräsidenten bloß die Einkünfte aus nebenberuflichen Tätigkeiten angeben müssten – nicht aber die aus ihrem Hauptberuf. Diese Anregung hat Rot-Grün aufgenommen.

Die Debatte über Nebeneinkünfte und unterstellbare Korruption von Abgeordneten begann im Dezember 2004 mit den Fällen des CDU-Sozialpolitikers Hermann-Josef Arentz und des (Ex-)CDU-Generalsekretärs Laurenz Meyer. Jeder seither aufgetauchte Fall beweist jedoch, dass eine Neuregelung der Offenlegungspflicht die Art der Geschäftsbeziehungen zwischen Wirtschaft und Politik kaum transparenter machen wird.

ULRIKE WINKELMANN