KOMMENTAR VON ESTHER GEISSLINGER
: CDU-Sieg nach Punkten

Die Große Koalition bleibt maximal auf niedrigem Niveau arbeitsfähig

Es gehört schon zu den üblichen Ritualen der Großen Koalition in Kiel: Ein Streit, der zur Bewährungsprobe hochgejazzt wird, endlose Verhandlungen und am Ende die Einigung: Ja, es geht doch weiter. Und nach jeder Boxrunde werden die Punkte gezählt.

Diesmal sieht es so aus, als habe die CDU auf ganzer Linie gesiegt. Die Schuldenbremse, die die SPD nicht haben wollte – sie wird zwar nicht in die Verfassung aufgenommen, aber umgesetzt. Es wird Stellenstreichungen geben, die zu einem Großteil die sozialdemokratischen Ministerien treffen. Und von der gebührenfreien Kita ist auch keine Rede mehr.

Aber steht die CDU wirklich so strahlend da? Als die Große Koalition antrat, wollte sie den Haushalt sanieren, Aufgaben neu verteilen und Stellen sparen. Sogar von einer Kreisreform war die Rede. Wirklich passiert ist gar nichts. Auf den letzten Metern einer fünfjährigen Legislaturperiode die Aufgaben anzupacken, für die beide Parteien einst angetreten sind, ist nicht gerade ein politisches Bravourstück.

Die Koalition hat sich mal wieder über eine Krise gerettet, aber der offenkundig harte Verhandlungsmarathon der vergangenen Tage hat die Atmosphäre nicht bereinigt, sondern eher noch mehr eingetrübt. Die Koalition bleibt maximal auf niedrigem Niveau arbeitsfähig – die Lust, gemeinsam etwas politisch zu gestalten, sieht anders aus.