berlinale szene Namensverwandte

Am Abend beisammen

In den 80er-Jahren sah ich gern Horrorfilme und las zum ersten Mal einen Text über „Nightmare on Elm Street“ von Dietrich Kuhlbrodt in der konkret, der sehr gut erklärte, wieso Horrorfilme ein progressives Genre wären. Vor acht Jahren lernten wir uns auf der Berlinale kennen. Niemand weiß, ob wir verwandt sind. Ich fand es immer erstaunlich, dass der pensionierte Oberstaatsanwalt, Schauspieler und Filmkritiker ähnliche Dinge interessant findet wie ich – Politik, außenseiterische Subkulturen, Travestie, Filme.

Am Mittwoch jedenfalls las Dietrich im „Kapital“ aus seinem „Kuhlbrodtbuch“ vor: eine schöne Art von Autobiografie, die wild zwischen den Zeiten und Themen herumspringt. Klasse, wie er irgendwann den Buchtext verließ und aus dem Kopf von den nazimäßigen Ausfällen der Ludwigsburger Lokalbevölkerung Ende der 50er erzählte. Dort ermittelte er damals für die „Zentrale Stelle zur Verfolgung von NS-Verbrechen“. Wie feindlich diese Nazipostnazibevölkerung gegen sie eingestellt war und wie die Nazis damals mit dem Ruf „Wir kriegen euch alle“ demonstriert hatten. Das hatten auch die Neonazis in dem Film von Rosa vorhin gerufen. „Die Kamera ist die Adresse“, sagte Dietrich und erklärte noch: „Ich hätte die Schauspieler in dem Film von Christian Petzold am liebsten stundenlang geohrfeigt.“ Dann wurde das schöne „Alfred-Edel-Buch“ vorgestellt. Danach spielte „Mutter“. DETLEF KUHLBRODT