30 Kilo Plutonium verschwunden

Britisches AKW Sellafield verlor atomwaffenfähiges Material durch Rechenfehler in der Buchhaltung. Experte: Dramatische Entwicklung. IAEO: Wir sind nicht zuständig

LONDON dpa ■ Dem britischen AKW Sellafield sind im vergangenen Jahr 30 Kilogramm Plutonium „verloren gegangen“ – durch Rechenfehler. Dies geht aus einem Prüfbericht über den dort aufbereiteten nuklearen Brennstoff für 2004 hervor, wie die britische Zeitung The Times gestern schrieb. Mit dem „vermissten“ Plutonium könnten theoretisch bis zu acht Atombomben hergestellt werden.

Das Industrieministerium, die zuständige Aufsichtsbehörde und die Betreiber der größten britischen Atomanlage betonten jedoch, der Bericht führe kein tatsächlich verlorenes Material auf. „Es handelt sich um einen Bilanzierungsprozess“, so das Ministerium. Es sei nicht ungewöhnlich, dass dabei rein buchhalterisch Material verloren gehe, aber „es ist kein Hinweis auf tatsächlich vermisstes Material“. In Sellafield, wo 10.000 Menschen arbeiten, werden jedes Jahr mehrere tausend Tonnen spaltbares Material aufbereitet.

Jede Art des in Sellafield behandelten Materials müsse nach Richtlinien der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien erfasst werden, hieß es in der Times. „Das ist wie eine Bilanz, wir zählen alles, was hereinkommt oder hinausgeht“, wurde ein Insider zitiert. Dabei könne es zu Fehlern kommen. Die britische Atomenergie-Behörde teilte mit, dass die Werte sich innerhalb internationaler Berechnungsstandards bewegten.

Atomwaffenspezialist Frank Barnaby sagte dazu der BBC, es gehe bei solchen Verfahren immer eine gewisse Menge quasi verloren, dies sei jedoch „eine dramatische Entwicklung“. Die IAEO in Wien sieht sich im Zusammenhang mit dem „fehlenden“ Plutonium nicht zuständig: „Wir haben in Großbritannien keine Leute, es gibt keine Inspektoren, London hat uns nicht um Hilfe gebeten“, so die IAEO.