Israel stoppt Häuserzerstörung

Gebäude von Familienangehörigen palästinensischer Attentäter sollen nicht länger abgerissen werden. Knesset stimmt Zahlungen an Siedler zu, die Gaza verlassen

BERLIN rtr/afp/ap ■ Israel hat die Praxis der Zerstörung von Häusern palästinensischer Extremisten in den besetzten Gebieten ausgesetzt. Dies teilte das Verteidigungsministerium gestern Abend in Jerusalem mit. Die Zerstörung war international immer wieder auf heftige Kritik gestoßen, da sie Menschenrechtlern zufolge einer Art Sippenhaftung gleichkam. Die israelische Armee ging mit dieser Methode bislang insbesondere gegen die Familien von Selbstmordattentätern vor. Dies habe aber nicht den erwünschten abschreckenden Effekt, sondern führe nur zur feindseligeren Haltung der Palästinenser, hieß es jetzt im Militärausschuss.

Das Verteidigungsministerium ordnete daraufhin an, die Praxis zu beenden. Dies gilt als vertrauensbildende Maßnahme im Zuge der Entspannung im Nahen Osten seit dem Amtsantritt des neuen palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas.

Unterdessen verständigte sich das israelische Parlament auf finanziellen Ausgleich für jüdische Siedler. Die Entschädigungsfrage galt als Haupthürde zur Umsetzung des für den Sommer geplanten Abzugs aus allen 21 Siedlungen im Gaza-Streifen und 4 weiteren im Westjordanland. Mit einer Mehrheit von 59:40 genehmigten die Knesset-Abgeordneten Ausgleichzahlungen von 3,8 Milliarden Schekel (rund 667 Millionen Euro) für die 9.000 Siedler. Eine Familie soll zwischen 150.000 und 380.000 Euro erhalten. Das Kabinett muss dem Gesetz Sonntag noch zustimmen.

Der Siedlerrat Jescha sprach dem Gesetz gestern jede Rechtmäßigkeit ab. Der Siedlerrat reichte Klage beim Höchsten Gericht in Jerusalem ein. Auf parlamentarischer Ebene könnten die Abzugsgegner versuchen, den Haushaltsentwurf von Ministerpräsident Scharon für 2005 zu kippen. Sollte die Knesset bis 31. März keinen Etat verabschieden, gilt die Regierung als gestürzt.

Allerdings scheint die Ablehnungsfront zu bröckeln: Rund 200 Familien bereiteten derzeit Anträge auf Entschädigungen für ihre Umsiedlung vor, teilte ein Anwalt mit. Jerusalems Expolizeichef Arieh Amit rief die Bevölkerung auf, Unterstützung für den Rückzug zu demonstrieren. Nach Umfragen ist eine deutliche Mehrheit für den Plan.