„Vor allem Opfer“

Das Bremer Männertherapiezentrum feiert zehnjährigen Geburtstag. Und hält sich weiterhin für unabkömmlich

taz: Herr Vorwold, Sie haben vor zehn Jahren das Bremer Männertherapiezentrum mit gegründet. Eine Antwort auf das Frauentherapiezentrum?

Magnus Vorwold (48), Psychotherapeut (Foto):Das kann man so nicht sagen. Aber ich hätte mich wohl nicht getraut, wenn es nicht schon ein Frauentherapiezentrum gegeben hätte. Die Frauen haben Vorarbeit geleistet. Sie sind immer selbstbewusster geworden. Viele Männer sind dadurch in ihrer Position, in ihren Beziehungen aber auch am Arbeitsplatz, verunsichert worden und in Schwierigkeiten gekommen. Die Männer haben gemerkt, dass sie sich auch bewegen müssen.

Die Frauen sind also daran schuld, dass es den Männern schlecht geht?

Ich würde es eher positiv formulieren. Dadurch, dass die Frauen sich bewegen, kommen die Männer auch aus ihrer Erstarrung raus und entwickeln neue Möglichkeiten. Früher haben die Männer ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse gar nicht richtig gekannt. Sie haben, im Rahmen einer autoritären Struktur, einfach funktioniert. Dass sich, gesellschaftlich gesehen, demokratische Strukturen immer mehr durchsetzen, Teamarbeit mehr gefragt ist, das ist eine Chance für die Männer.

Hat das Männertherapiezentrum einst provoziert?

Die Resonanz von Frauen war durchaus positiv. Die haben sich gefreut, waren eher erleichtert, zu sehen, dass Männer auch was für sich tun wollen. Die Männer haben eher mit Skepsis reagiert: Muss denn sowas sein, braucht es sowas denn?

Wer kommt denn zu Ihnen?

Hauptsächlich Männer, die Opfer sind. Das sind Männer, die Schwierigkeiten haben, sich zu wehren, an ihre positiven Aggressionen heranzukommen, sich im Leben das zu nehmen, was ihnen eigentlich zusteht. „Männer als Opfer“ ist übrigens zunehmend Thema: Zu unserem heutigen Fachtag dazu haben sich fast 50 Therapeuten angemeldet.

Haben Männer heute andere Probleme als vor zehn Jahren?

Nein. Es sind meistens Beziehungsprobleme. Aber vor zehn Jahren kamen eher Intellektuelle. Mittlerweile kommen alle.

Ursprünglich waren sie zwölf Therapeuten, heute sind sie noch zu zweit. Ist Männertherapie ein Auslaufmodell?

Das war noch ’ne andere männerbewegte Zeit damals. Da sind die Therapeuten gekommen, um das zu unterstützen. Die sind aber nicht lange dabei geblieben. Wir waren im Durchschnitt immer zu dritt.

Sie sind im Hauptberuf Psychotherapeut. Haben Sie auch Patientinnen in Ihrer Kartei?

Ja.

Interview: sim