scheißberlinale
: Keine Tickets für uns Prolls

Endlich vorbei! Und, war’s schön: Stars möglichst nicht anglotzen, ein bisschen klugscheißen über ein Erstlingswerk, das – juchhe! – niemand kennt, wichtig über den Potsdamer Platz schlendern mit dem Akkreditierungsbändel, auf das der Plebs neidisch blickt – ach ja, und die ganzen Filme anschauen, die wir leider nicht sehen konnten, weil wir Kino-Prolls zehn Tage so gut wie ausgesperrt waren? Zugegeben, wir sind avocadogrün vor Neid, da wir, anders als die embedded journalists oder Funktionäre der Berlinale, eben nur beschissen normale Kinofans waren. Das Filmfest mag ja schön oder doof oder langweilig gewesen sein. Wir können es nicht beurteilen. Wir waren nicht dabei.

EINE SÄUERLICHE SICHT VON PHILIPP GESSLER

Wir kennen das Leben nicht, wir waren nicht im Kino, um François Truffaut zu variieren – und wir litten. Uns vergönnt war nur ein Filmchen um 23.15 Uhr in Schwyzerdütsch, für andere Filme war ein Ticket für uns Normalsterbliche nicht zu bekommen. Eingeschlafen sind wir dabei, ebenso wie 2001 beim taiwanischen Underground-Streifen und 2002 beim japanischen Problemfilm, die wir jeweils zur Geisterstunde in der ersten Reihe und neben Schnarchern genießen durften. Den Petersburger Experimentalfilm ertrugen wir 2000 nur eine Viertelstunde.

Wir würden ja auch so gern darüber klagen, was für ein schrecklicher Stress es ist, sich sechs Filme am Tag anschauen zu müssen – leider hatten wir diesen Stress nicht. Nur den am Ticketschalter, nach zwei Stunden Anstehen. Dass wir meist zum Kinosaal hetzten, weil bei minimaler Verspätung die Türen für uns so zu waren wie die Himmelspforte, ist eh klar. Aber wen interessiert das schon? Vielleicht mal ’nen Nachwuchsregisseur aus Sri Lanka. Diesen einen Film dürften wir dann auch bei der nächsten Berlinale um 0.00 Uhr hellwach anschauen: als beknackte Hauptdarsteller.