Durchblick für Patienten

Mit der Gesundheitsreform kommen ab 2005 auf viele Patienten weitere Kosten zu. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen nicht mehr alles. In manchen Fällen kann eine Zusatzversicherung sinnvoll sein

VON SIMONE WEIDNER

Die zweite Stufe der Gesundheitsreform rollt auf die gesetzlich Krankenversicherten zu. Nachdem im letzten Jahr die Praxis- und Rezeptgebühr erfolgreich eingeführt wurde, geht es im Jahr 2005 um neue Zuzahlungsregelungen für Arznei- und Hilfsmittel sowie Zahnersatz. Ab Juli zahlen Versicherte auch einen höheren Krankenkassenbeitrag. Immerhin sorgt der Gesetzgeber mit neuen Festbeträgen für mehr Transparenz.

Für Zähne und Zahnersatz steht erst einmal fest: Hilfe gegen Zahnschmerzen wird nach wie vor auf Chipkarte abgerechnet, und die Kassen kommen für die medizinische Grundversorgung auf. Zum Leistungskatalog gehört weiterhin der Zahnersatz. Seit dem 1. Januar gibt es für Zahnkronen, Suprakonstruktionen und sogar für Implantate befundbezogene Festzuschüsse.

Ein Festzuschuss beträgt 50 Prozent der Durchschnittskosten für eine Standardtherapie. Jeder Patient erhält für den gleichen Befund den gleichen Betrag. 43 Befunde umfasst die Liste, auf die sich Zahnärzte und Kassen geeinigt haben. Für eine spezielle Brücke wegen eines fehlenden Zahns beträgt der Festzuschuss zum Beispiel 273,30 Euro. Fällt die Rechnung wegen diverser Extras höher aus, zahlen Patienten aus eigener Tasche drauf.

Wer das Bonusheft pflegt, profitiert von höheren Zuschüssen. Der Betrag erhöht sich auf 60 Prozent, wenn Patienten in den letzten fünf Jahren regelmäßig zur Kontrolle waren, und auf 65 Prozent, wenn Stempel der letzten zehn Jahre nachgewiesen werden. Die bisherigen Härtefallregelungen bleiben erhalten.

Neuerdings zahlt die Kasse Erstattungsbeträge für bestimmte Arzneimittel nur noch bis zu einer Maximalgrenze. Wird ein teureres Medikament verschrieben, zahlen Patienten die Differenz aus der eigenen Tasche. Bislang gibt es vier Gruppen von Medikamenten – Mittel zur Cholesterin- und Blutdrucksenkung, gegen Magenbeschwerden und gegen Migräne –, für die Festbeträge schon gelten. Die Liste soll in Laufe des Jahres vervollständigt werden.

Für Hilfsmittel wie orthopädische Einlagen, Sehhilfen, Hörgeräte, Kompressionsstrümpfe, Inkontinenzhilfen gibt es jetzt bundeseinheitliche Festbeträge. Für eine Einlage zum Beispiel gibt es 46,64 Euro.

Kinderlose zahlen seit Januar einen höheren Beitrag in die gesetzliche Pflegeversicherung ein. Das legt das neue Kinderberücksichtigungsgesetz fest. 0,25 Prozent zahlen sie zusätzlich zu den 1,7 Prozent, von denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je die Hälfte tragen. Bestimmte Personengruppen ohne Kinder, wie vor 1940 geborene Rentner, Kinder und Jugendliche bis zum 25. Lebensjahr sowie ALG-II-Bezieher sind davon ausgenommen.

Im Juli 2005 steht eine Erhöhung des monatlichen Krankenkassenbeitrags in Form eines Sonderbeitrags an. Vom Bruttolohn gehen noch einmal 0,9 Prozent extra an die Krankenkasse. 0,4 Prozent müssen für künstliche Zähne und 0,5 Prozent für das Krankengeld aufgebracht werden. Die Arbeitgeber beteiligen sich nicht mehr an den Kosten. Ob – wie von der Gesundheitsministerin gefordert – die Krankenkassen gleichzeitig ihre Beiträge senken, ist zurzeit noch nicht absehbar.

Noch in diesem Jahr soll ein neues Präventionsgesetz verabschiedet werden. Die Krankenkassen werden in Zukunft verstärkt die individuelle Gesundheitsvorsorge belohnen und hierfür spezielle Kursprogramme anbieten.

Gesetzlich Krankenversicherte können mit einer privaten Krankenzusatzversicherung ihre Versorgungslücken decken. Unverzichtbar ist die Auslandsreisekrankenversicherung für Aufenthalte außerhalb Europas. Krankentagegeldversicherungen sind für Selbstständige sinnvoll. Auch Zahnzusatz- oder Policen für 1- und 2-Bett-Zimmer mit Chefarztbehandlung sowie Ergänzungsversicherungen etwa für Heilpraktikerbehandlung oder Brillen sind überlegenswert. Doch mit einer privaten Zusatzversicherung sind längst nicht alle Kosten vom Tisch. Eine private Zahnzusatzpolice etwa deckt in der Regel nur 20 bis 40 Prozent der Aufwendungen ab, Summenbegrenzungen sind üblich. Implantate und Inlays sind manchmal sogar ausgeschlossen. Für Extras kann sich ein privater Sparvertrag rechnen.

Während auf der einen Seite das Krankenkassensystem in einer vermeintlichen finanziellen Krise steckt, wächst zugleich der private Markt für die Geschäfte mit der Gesundheit. Nicht unumstritten sind zum Beispiel die „Individuellen Gesundheitsleistungen“ (IGEL), die Patienten mit ihren Ärzten privat abrechnen. Dazu gehören spezielle Vorsorge- und Ultraschalluntersuchungen, Check-ups, Knochendichtemessungen und Atemtests. Da Ärzte hier privatwirtschaftlich tätig werden, empfiehlt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, zur Absicherung einen schriftlichen Vertrag über die Behandlung abzuschließen.