Freie Fahrt für die „Cap Anamur“

Das deutsche Schiff, das im Juli 2004 37 Afrikaner im Mittelmeer rettete, mit ihnen nach Sizilien fuhr und von den Behörden beschlagnahmt wurde, ist wieder freigegeben. Damit wird auch ein Prozess gegen die Flüchtlingshelfer unwahrscheinlicher

AUS ROM MICHAEL BRAUN

Sieben Monate nach der Beschlagnahmung durch die italienischen Behörden ist das deutsche Flüchtlingsrettungsschiff „Cap Anamur“ wieder frei. Es wurde am Dienstagabend freigegeben und verließ den sizilianischen Hafen Porto Empedocle. Dort war es im Juli 2004 gelandet, nachdem es 37 Afrikaner aus Seenot gerettet hatte.

Italiens Innenminister Giuseppe Pisanu hatte schon vor der Anlandung das Flüchtlingsdrama um die „Cap Anamur“ zur Chefsache gemacht, um die harte Haltung seines Landes gegenüber illegalen Einwanderern zu demonstrieren: Er verbot dem Schiff wochenlang, in italienische Hoheitsgewässer einzulaufen. Zur Chefsache hatte allerdings auch die Hilfsorganisation Cap Anamur die Rettungsaktion gemacht: Ihr damaliger Vorsitzender Elias Bierdel war an Bord des Schiffs gegangen; er erzwang schließlich mit der Mitteilung, die Lage auf dem Schiff sei unhaltbar, das Einlenken der italienischen Behörden. Innenminister Pisanu rächte sich umgehend. Die 37 Immigranten wurden sofort in Abschiebelager geschafft und bis auf einen nach Ghana ausgeflogen. Elias Bierdel, Schiffskapitän Stefan Schmidt und Erster Offizier Wladimir Daschkewitsch kamen unter dem Vorwurf der Schlepperei in Haft, die „Cap Anamur“ wurde als „Tatwerkzeug“ beschlagnahmt. Innenminister Pisanu warf Cap Anamur vor, die Flüchtlingsrettung gezielt inszeniert zu haben: So seien die Flüchtlinge als Sudanesen präsentiert worden, obwohl sie ausnahmslos aus Westafrika stammten.

Dem Schiff drohte damit nach italienischem Gesetz die Verschrottung. Jetzt wurde es gegen eine Bürgschaft freigegeben. „Sehr froh“ äußerte sich gestern Cap-Anamur-Geschäftsführer Bernd Göken gegenüber der taz; die Freigabe des Schiffes sei „ein gutes Zeichen auch für das noch ausstehende Strafverfahren“. Er sei „sehr zuversichtlich, dass sich herausstellen wird, dass wir uns nichts haben zuschulden kommen lassen“.

Noch ist offen, ob die italienische Staatsanwaltschaft überhaupt Anklage gegen die drei Beschuldigten erheben wird. Allerdings, so Göken, stehe die Hilfsorganisation Cap Anamur nun unter der im Herbst als Nachfolgerin Bierdels gewählten Vorsitzenden Edith Fischnaller „vor der grundsätzlichen Entscheidung, ob wir weiter mit einem eigenen Schiff als Reeder auftreten wollen“. Bis 2004 habe die Organisation schließlich ihre Schiffe immer gechartert.