Selbstbestimmter Aktivist: Ottmar Miles-Paul

Als einer der bekanntesten Vertreter der Behindertenbewegung will Ottmar Miles-Paul „Politik mitprägen“. Am Freitag aber musste er eine Niederlage hinnehmen: Nordrhein-Westfalen unterstützt das Antidiskriminierungsgesetz nicht

Die vorläufige Niederlage für Ottmar Miles-Paul kam Freitag Nachmittag. Bei der ersten Bundesratsabstimmung zum Antidiskriminierungsgesetz enthielt sich Nordrhein-Westfalen der Stimme – und unterstützt so die CDU: Nur widerwillig will die Mehrheit der unionsgeführten Länder im Bundesrat EU-Richtlinien umsetzen, die Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts oder der Herkunft verbieten. Den von der rot-grünen Bundesregierung geforderten Schutz vor Benachteiligungen aus Altersgründen, aufgrund der Religion oder Weltanschauung, der sexuellen Orientierung oder wegen einer Behinderung aber lehnen CDU und CSU ab. Zu wirtschaftsfeindlich, zu bürokratisch sei das Gesetz, finden die Christdemokraten und -sozialen.

Doch Ottmar Miles-Paul kämpft weiter: Gerade die rot-grüne Landesregierung des größten Bundeslandes müsse das Gesetz unterstützen, fordert der Sprecher des Netzwerks Artikel 3 – Miles-Paul vertritt 70 bundesweite Selbsthilfeverbände, die Artikel 3 des Grundgesetzes verwirklicht sehen wollen: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Selbst stark sehbehindert, gilt Miles-Paul als einer der bekanntesten Vertreter der Behindertenbewegung. Sieben Jahre war der 40-Jährige Geschäftsführer der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben, engagiert sich bei den Grünen in Kassel als Kommunalpolitiker. Behinderte müssten zusammen mit Angehörigen und Freunden Politik selbst „mitprägen“, dürften sich nicht in eine Zuschauerrolle pressen lassen, sagt der Vater eines zehnjährigen Sohns. „Jetzt ist die Zeit des Handelns gekommen.“ „Blanker Hohn“ sei es, dass behinderte Menschen wie Schwule und Lesben an den Rand gedrängt werden sollten. Dabei weigern sich etwa Hotelbesitzer oder Musicals noch immer, Rollstuhlfahrer als Gäste zu akzeptieren – sie fürchten die Ablehnung von Nichtbehinderten.

Doch scheint der Druck der Verbände kaum auszureichen, noch sperrt sich die Politik. Nordrhein-Westfalens Minister für Wirtschaft und Arbeit, Harald Schartau (SPD), sagte lediglich „intensive Gespräche“ mit Wirtschaftsvertretern zu, will Unternehmern „Ängste vor einer Überregulierung“ nehmen. Auch die Staatskanzlei hält die Rechte Behinderter für wenig wichtig: Noch am Donnerstag war das Thema in der Regierungszentrale völlig unbekannt. Hilflos verwies ein Sprecher auf das Sozialministerium – doch klare Unterstützung fehlt auch dort. ANDREAS WYPUTTA