Unwürdige Einladung

Nur wenige Überlebende des Konzentrationslagers Neuengamme werden im Mai zur Gedenkfeier kommen: Die Reise können sie sich nicht leisten, der Senat aber zahlt nicht

Es ist das erste Mal, dass der Senat Überlebende des früheren Konzentrationslagers Neuengamme zu einer Gedenkveranstaltung nach Hamburg einlädt. Über 1.000 Grußkarten hat Bürgermeister Ole von Beust (CDU) an ehemalige Häftlinge verschickt, um sie für Anfang Mai zur Feier des 60. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus sowie der Eröffnung der neu gestalteten Gedenkstätte einzuladen. Die meisten Überlebenden jedoch werden die Einladung nicht annehmen können: Die Reisekosten müssen sie selbst tragen – und dafür fehlt ihnen das Geld. Die „Arbeitsgemeinschaft Neuengamme“ (AG) fordert den Senat auf, Anreise und Aufenthalt für die früheren Häftlinge und eine Begleitperson zu bezahlen.

Lediglich 260 Überlebende haben sich bisher zu den Feierlichkeiten vom 2. bis 5. Mai angemeldet. Nur diejenigen, die aus den früheren Staaten der Sowjetunion einreisen, bekommen die Reisekosten über das offizielle Besuchsprogramm für frühere ZwangsarbeiterInnen erstattet. Auch wer aus Polen kommt, trägt seine Kosten nicht allein.

Alle übrigen früheren Insassen jedoch müssen das Geld selbst aufbringen – und zwar nicht nur für sich, sondern auch für eine Begleitperson. Denn naturgemäß sind die früheren ZwangsarbeiterInnen heute alle sehr alt, viele sind krank, zudem stellt eine Rückkehr an den Ort ihrer traumatischen Erlebnisse eine enorme psychische Belastung dar. „Da ich nicht hundertprozentig gesund bin und nicht allein fahren kann und auch die Reisespesen für zwei Personen sehr hoch sind“, schreibt etwa eine Überlebende in ihrer Absage an die AG, „glaube ich, dass ich trotz meines Willens, den Platz, an dem ich unter schrecklichsten Bedingungen eingesperrt war, wieder zu sehen, in Israel bleiben werde.“

Da die Einladungen somit ins Leere laufen, bezeichnet die Vorsitzende der AG, Ulrike Jensen, sie als „unwürdig“: Die Stadt habe im Faschismus von der Zwangsarbeit in Neuengamme profitiert und sei somit in der historischen Verantwortung, den Überlebenden zumindest die Teilnahme an einer „würdigen Gedenkfeier“ zu ermöglichen. ELKE SPANNER