kiel, düsseldorf, berlin
: Merkel schaut aufs Kanzleramt

Es gibt Grund zur Freude. Die Rechtsextremisten werden im Landtag von Schleswig-Holstein nicht vertreten sein. Sie konnten keinen Nutzen daraus ziehen, dass wachsende Teile der Bevölkerung den etablierten Parteien allesamt nicht mehr zutrauen, die Probleme in den Griff zu bekommen, und deshalb zu Wahlen erst gar nicht mehr hingehen. Von der NPD haben sich die Wähler deshalb trotzdem nicht instrumentalisieren lassen.

KOMMENTAR VON BETTINA GAUS

So weit, so eindeutig. Fest steht auch: Die CDU hat einen überraschenden, eindrucksvollen Sieg errungen. Das gilt selbst dann, wenn ihr das amtliche Endergebnis wider Erwarten doch nicht ermöglichte, den Ministerpräsidenten zu stellen. Sie ist zur stärksten Partei geworden – und das trotz eines Spitzenkandidaten, der allen Umfragen zufolge erheblich weniger populär ist als die Amtsinhaberin. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, die sich im Wahlkampf stark engagiert hat, darf das als persönlichen Erfolg verbuchen. Sie hat ihre Position gegenüber parteiinternen Rivalen gestärkt. Es war hübsch zu verfolgen, wie sie in ersten Stellungnahmen den hohen Wert der Geschlossenheit betonte.

Dramatisch ist die Niederlage für die SPD. Das gilt umso mehr, als die Partei gerade meinte, Rückenwind zu haben, und sich gute Chancen für Nordrhein-Westfalen und den Bund ausrechnete. Die psychologische Wirkung der Enttäuschung dürfte nachhaltig sein. Wer jetzt den nächsten Wahlkampf für die Sozialdemokraten plant, ist nicht zu beneiden. Die Verunsicherung, die jede Schlappe mit sich bringt, wird tiefer, wenn man nicht weiß, woran es eigentlich gelegen hat. Schließlich hatte kaum jemand mit diesem Ergebnis gerechnet, auch die Demoskopen nicht. Was die Ursachenforschung nicht erleichtert.

Auch die CDU weiß vermutlich derzeit gar nicht, wie ihr geschieht – obwohl sie das verständlicherweise nicht zugibt. Aber Sieger können mit Überraschungen besser leben als Verlierer. Schon deshalb, weil man einen Triumph immer so begründen kann, wie es gerade passt. Wer Erfolg hat, hat Recht. Landespolitik, Bundespolitik, die jüngste Arbeitslosenstatistik oder doch die Visa-Affäre? Was immer die Wahlforscher herausfinden: die CDU wird den Ausgang der Wahl in Schleswig-Holstein so interpretieren, wie es ihr im Hinblick auf Nordrhein-Westfalen geboten scheint. Und auf den Bund. Denn noch etwas steht jetzt fest: Der Bundestagswahlkampf hat gestern begonnen.