Votum für Vereinigung

Bei der Parlamentswahl in Nordzypern siegt Premier Mehmet Talat. Sein Ziel: Teilung der Insel überwinden

ISTANBUL taz ■ „Eindrucksvolle Bestätigung für Talat“ und „Die Insel stimmt wieder für Talat“, titelten gestern die türkischen Zeitungen zu den Wahlen in Nordzypern. Tatsächlich hatte kaum jemand erwartet, dass sich Ministerpräsident Mehmet Ali Talat, der 2004 für die Zustimmung der türkischen Zyprioten zum Annan-Plan gekämpft hatte, nach der Enttäuschung über die griechische Ablehnung der Wiedervereinigung so gut behaupten wird. Talat erreichte mit seiner Sozialdemokratischen Partei fast 45 Prozent und bekommt 24 der 50 Sitze im Parlament.

Sein bisheriger Koalitionspartner, der Präsidentensohn Serdar Denktasch mit seiner Demokratischen Partei, konnte sein früheres Ergebnis mit 13 Prozent halten und wird auch wohl der neue Koalitionspartner werden. Damit hätte Talat eine breite Basis im Parlament, um seine Politik zur Überwindung der Teilung auf Zypern fortsetzen zu können.

Die Gegner des Annan-Plans, die Konservativen, rutschten auf 31 Prozent ab, während die linksliberale Liste von Mustafa Akinci, dem entschiedensten Gegner des alten Präsidenten Rauf Denktasch, auf 5,7 Prozent und einen Sitz kam. Damit scheidet eine Koalition zwischen Talat und Akinci praktisch aus. Es wird deshalb erwartet, dass Talat auch zur breiteren gesellschaftlichen Abstützung seiner Politik eine Fortsetzung der bisherigen Koalition vorzieht.

Mit den vorgezogenen Parlamentswahlen von Sonntag, hat Talat auch beste Chancen, um bei den Präsidentenwahlen im April den 80 Jahre alten Dauerpräsidenten Rauf Denktasch abzulösen. Da auch die türkische Regierung um Premier Tayyip Erdogan eine Wiedervereinigung auf Zypern unterstützt, sind von türkischer Seite die besten Voraussetzungen für erfolgreiche Verhandlungen mit den griechischen Zyprioten gegeben.

Als vorrangiges Ziel seiner Regierung verkündete Talat, die Politik zur Überwindung der Teilung fortzusetzen. Solange die griechische Seite Gespräche verweigert, versucht Talat, zumindestens die internationale Isolation Nordzyperns abzumildern. Bei einem Treffen mit EU-Präsident Barroso vor zehn Tagen sicherte ihm dieser zu, dass Brüssel die seit langem versprochenen Hilfsgelder für die türkischen Zyprioten bald überweisen werde. JÜRGEN GOTTSCHLICH

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