Sozialisten siegen in Portugal

Bei den Parlamentswahlen vom Sonntag erringt die Partei von José Sócrates die absolute Mehrheit. Sein Vorbild ist Tony Blair – aber nicht im Falle des Irak

MADRID taz ■ Was wurde José Sócrates alles nachgesagt: Er habe kein Charisma, keine Erfahrung und sei ein schlechter Kommunikator. Und jetzt die Überraschung: Der 47-jährige Ingenieur hat geschafft, was noch kein anderer Sozialist in Portugal vor ihm fertig gebracht hat. Er erzielte bei den Parlamentswahlen am Sonntag die absolute Mehrheit. 45,04 Prozent der Stimmen konnte seine PS auf sich vereinigen. Umgerechnet macht das 119 der insgesamt 230 Parlamentssitze. Die bisher regierende rechtsliberale Sozialdemokratische Partei (PSD) muss sich mit nur 73 Sitzen zufrieden geben, ihr schlechtestes Ergebnis seit 1983. Ihr Koalitionspartner, die konservative Volkspartei (PP), rutschte auf 12 Mandate ab. Der Rest der Sitze geht an die Kommunistische Partei und den Linksblock, der seine Stimmen mehr als verdoppeln konnte.

Wahlsieger Sócrates hat damit erreicht, was er von den Wählern einforderte. Er kann ohne Rücksicht auf andere Parteien regieren und mit der versprochenen „Modernisierung“ beginnen. Er will die Armut bekämpfen und den Technologiesektor zum Motor der daniederliegenden Wirtschaft machen. Gleichzeitig soll die Verwaltung effektiver werden. All die hehren Ziele gilt es mit leeren Kassen zu verwirklichen. Denn Portugal wird mit Argusaugen von Brüssel überwacht. War es doch das erste Land, das bereits 2001 gegen die Maastrichter Stabilitätskriterien verstieß. „Jetzt ist es an der Zeit, den Pessimismus zu besiegen“, rief Sócrates in der Wahlnacht seinen Anhängern zu. Kein leichtes Unterfangen, zeigen die Umfragen von Eurostat. Denn 95 Prozent der Bevölkerung sehen mit Skepsis in die Zukunft.

Sócrates, der unter Ministerpräsident Antonio Guterres von 1999 bis 2002 als Umweltminister diente, steht seiner Partei erst seit Mitte letzten Jahres vor. Der smarte Politiker sieht sich als portugiesischen Tony Blair. Wie sein britisches Vorbild setzt er auf eine moderate, am freien Markt orientierte Politik.

Nur außenpolitisch möchte er es dem Briten nicht nachtun. Sócrates ist anders als seine beiden sozialdemokratischen Amtsvorgänger – der jetzige EU-Kommissionspräsident José Manuel Durão Barroso und dessen Nachfolger Pedro Santana Lopes – gegen die US-Intervention im Irak. Er möchte den Kurs ändern, ohne die guten Beziehungen zu den USA zu verlieren. Auch das dürfte nicht leicht werden. Seit Spanien den gleichen Schritt gemacht hat, wird die dortige Regierung von US-Präsident George Bush ignoriert.

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