„Es ist eher witzig, eine Gaudi“

SPORT UND SHOW Bei der EM der Modernen Fünfkämpfer werden Laufen und Schießen erstmals kombiniert nach Art des Biathlons. Eric Walther kann die Neuerung nicht richtig ernst nehmen

■ Als der Berliner 2003 den WM-Titel gewann, wurde das als historischer Triumph gewertet. In den folgenden Jahren konnte er nur selten den von ihm selbst geweckten Anforderungen gerecht werden. Bei Olympia 2004 als auch bei der WM 2007 daheim in Berlin konnte er nicht in den Kampf um die Medaillen eingreifen. In Peking belegte Walther Platz 16. Am Freitag beginnt für die Männer die EM in Leipzig.

INTERVIEW TORSTEN HASELBAUER

Aus fünf mach vier: Der Moderne Fünfkampf ist um eine Sportart geschrumpft und hat das Laufen und Schießen zum „Combined“ zusammengeführt. Athleten wie Trainer sind skeptisch und schauen gespannt auf die heute beginnende EM in Leipzig. Auch der Berliner Eric Walther, 34. Der mehrfache nationale Meister und erste deutsche Weltmeister im Modernen Fünfkampf gilt als der größte Kritiker dieser Reform.

taz: Herr Walther, war denn Ihre Sportart wirklich so unattraktiv, dass Sie nun durch eine Art Biathlon aufgepeppt werden musste?

Eric Walther: Ich finde nicht. Viele andere waren aber doch der Meinung, vor allem die Verbandsfunktionäre. Es gab ja immer wieder Bestrebungen, den Modernen Fünfkampf aus dem olympischen Programm zu werfen. Das erzeugte ordentlich Druck und gebar wohl schließlich auch die Idee, das Schießen und Laufen zu einer Sportart mit dem Namen „Combined“ zusammenzuführen. Der Moderne Fünfkampf soll jetzt als eine Art Event daherkommen und somit sein Überleben gesichert werden.

Dafür hat der altehrwürdige Fünfkampf abspecken müssen und hat nur noch vier Disziplinen. Sehen Sie das als Verlust?

Das ist nicht nur ein Verlust, sondern viel schlimmer: Für mich ist der Moderne Fünfkampf jetzt eine völlig neue Sportart geworden. Ich habe noch immer große Probleme, diese neue Disziplin überhaupt richtig ernst zu nehmen. Es ist eher witzig, eine Gaudi. Meiner Meinung nach gewinnt jetzt derjenige, der am besten nachladen kann, und nicht der beste Athlet.

Der Moderne Fünfkampf als eine Art sportliches Glücksspiel?

Fast! Es geht ja schon mit dem Reiten los. Da werden die Pferde dem Athleten zugelost. Nun kommt als Abschluss des Tages noch der Combined-Wettbewerb dazu. Für mich eine weitere Glückskomponente. Ein Sportler kann jetzt durch ein einziges gutes Resultat beim Combined locker von Rang 20 nach ganz vorne rücken. Das war früher mit der Trennung von Schießen und Laufen nicht zu schaffen.

Für die Zuschauer aber soll der Moderne Fünfkampf jetzt viel attraktiver sein. Haben Sie damit bereits Erfahrungen gemacht?

Bei den Wettkämpfen in diesem Jahr habe ich davon noch nicht viel gemerkt. Theoretisch kann man ja sogar siebzig Sekunden am Schießstand stehen, ohne einen Schuss abzugeben, und darf dann trotzdem weiterlaufen. Man verliert nur diese 1:10 Minute als Zeit, sonst gibt es keine Extrastrafen. Das habe ich auch schon gesehen. Attraktiv sieht anders aus.

Die Innovation: Seit dieser Saison werden am Ende eines Wettkampfs die Disziplinen Schießen und Laufen ähnlich wie beim Biathlon miteinander kombiniert: Combined. Während des 3.000-Meter-Laufs müssen die Athleten dreimal am Schießstand stoppen und jeweils fünf Scheiben (10 Meter entfernt) mit der Luftpistole treffen.

■ Die Regeln: Die Fünfkämpfer haben dafür 70 Sekunden Zeit und können beliebig viele Patronen nachladen, wobei von Anfang an jeder Schuss einzeln geladen wird. Hat ein Athlet vor Ablauf der 70 Sekunden alle fünf Scheiben getroffen, darf er loslaufen. Topathleten verbringen nur 25 bis 30 Sekunden am Schießstand. Theoretisch könnte man aber auch gar keinen Schuss abgeben, 70 Sekunden warten und dann wieder auf die Strecke gehen.

■ Das Fernsehen: Das Finale der Frauen mit der deutschen Olympiasiegerin Lena Schöneborn überträgt das ZDF live (15.50 bis 16.15 Uhr), das Finale der Männer will die ARD in einem Zusammenschnitt bringen. (taz)

Wo liegen für Sie die größten Umstellungsprobleme?

Damit wir uns überhaupt professionell umstellen können, benötigen wir die passenden Sportanlagen dazu. Deutschland verfügt über noch keine einzige echte Combined-Anlage, wo der Mix aus Schießen und Laufen gut trainierbar ist. Das erste Zentrum wird in Potsdam gerade erst fertiggestellt. Zudem fällt es mir als älterem Sportler natürlich besonders schwer, mich auf das Combined ein- und umzustellen. Ich habe es ja 20 Jahre immer anders gemacht. Die Junioren sind da eindeutig im Vorteil.

Dennoch sind Sie vor gut einem Monat Deutscher Meister geworden. Wie geht denn das?

Das war eher Zufall und zeigt nur, dass in unserer Sportart jetzt so gut wie alles möglich ist.