Schlimme Einblicke in die Lage der WAZ

NRW-PRESSE Mit Peter Maffay und Jürgen Rüttgers feiert der Konzern sein Zentralisierungskonzept

Am Dienstag wurde in Essen der Bambi verliehen. Gut, das stimmt jetzt nicht ganz. War gar nicht Bambi, wurde auch nichts verliehen. Die von solchen Festen bekannten Nasen waren trotzdem da. Alle paar Minuten lief ein Promi in den gelben Backsteinbau an der Friedrichstraße: Peter Maffay. Felix Magath. Jean Pütz. Dazu regionale Größen aus Wirtschaft und Politik. Alle da. Aber nirgends eine TV-Kamera.

Kann das sein? Ja, kann. Presse nämlich war bei diesem intimen Festchen nicht erwünscht. Nur ein Medienhaus hat sich bis dato darüber hinweggesetzt und im Netz per Promibilder-Klickstrecke über die Sause berichtet: die WAZ-Mediengruppe. Aber gut. War ja ihr eigenes Fest.

Der größte Verlag Nordrhein-Westfalens hatte zum feierlichen Rumstehen in seine neue Zentralredaktion neben dem WAZ-Hauptquartier geladen. Von hier aus, dem sogenannten Content-Desk, werden seit sechs Wochen drei der vier NRW-Zeitungen mit Inhalt bestückt. Aus einer Hand quasi. Das ist ein Teil des Plans, mit dem der Konzern 32 Millionen Euro sparen will.

Vorab gab es für die Zusammenlegung reichlich Rüffel. Auch aus der Politik, die wohl fürchtete, bald weniger in der Zeitung zu stehen. Von Einheitsbrei war die Rede, von einer Gefährdung der Medienvielfalt.

Aber man kann ja nicht ewig nachtragend sein. Dachten sich auch die Politiker aller großen Parteien und schauten am Dienstag in Essen vorbei: Sylvia Löhrmann etwa, Fraktionsvorsitzende der Grünen im NRW-Landtag, FDP-Fraktionschef Gerhard Papke – und vor allem: NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz dankte dem MP nicht nur fürs Kommen, sondern insbesondere dafür, dass „er auch zu uns sprechen wird“.

Ein bisschen ist das auch so. Die schwarz-gelbe Landesregierung plant derzeit, dass Medienkonzentrationsrecht zu lockern (siehe Interview). Wird das neue Landesmediengesetz so beschlossen, können sich Verlage künftig zu 100 Prozent an regionalen TV-Sendern beteiligen. Die WAZ ist ganz heiß darauf, besitzt schon Anteile an NRW.TV – und bejubelt Rüttgers und Co. gerne in längeren Pressemitteilungen: „Die Landesregierung beweist erneut ihre gute Einsicht in die Lage der Medienhäuser“, hieß es kürzlich erst wieder. Unbestritten: Rüttgers hat Einsicht. Er blieb eine gute Stunde. Und sagte so schöne Dinge wie „Man muss sich verändern, um den Kopf über Wasser zu halten.“

Es ist eben ein Geben und Geben: Die WAZ lobt den Landeschef, der spricht warme Worte zur Einweihung. Die anderen Politiker waren da, weil sie immer schon mal so eine Redaktion von innen sehen wollten. Und warum nicht jetzt noch schnell, vor den Kommunal-, Bundes- und Landtagswahlen? ROS