Überhaupt ist wieder alles klar

Sagen alle immer nur Altrocker, aber der Mann mit dem Hut hat ja doch seine Verdienste. Jetzt bekam Udo Lindenberg noch aus Bremen einen Friedens- und Kulturpreis dazu

Keiner will sterben, das ist doch klar. Wozu sind denn dann Kriege da?

Was eigentlich schon eine korrekte Frage ist, wenn man so die Weltgeschicke betrachtet. Immer nur ein Hauen und Stechen. Einerseits. Auf der anderen Seite aber finden sich auch stets welche, die ihren Finger heben. Da gibt es zum Beispiel in Bremen den Friedens- und Kulturpreis der Villa Ichon. Der wird seit über 20 Jahren an Kulturschaffende für ein Werk oder Wirken verliehen, „das zugleich ein eindeutiges Bekenntnis zum Frieden darstellt und von hohem kulturellen Rang ist.“

Am Dienstag nun wurde mitgeteilt, dass der diesjährige Preis an Udo Lindenberg geht. Der Rocker also, der mit der eingangs formulierten Frage „Wozu sind Kriege da?“ schon mal einen Hit hatte. „Die Auszeichnung gilt einem Künstler, der bis heute – und in den letzten Jahren verstärkt – gegen die alten und neuen Nazis kämpft, der für eine lebendige Demokratie wirbt, der für das Recht plädiert, anders zu sein“, heißt es in der Begründung. Dotiert ist der Preis mit 5.000 Euro.

In den vergangenen Jahren ging er zum Beispiel an den Schauspieler Will Quadflieg, an die Bremer Initiative „500 Jahre Kolonialismus – 500 Jahre Widerstand“ oder die Landesarbeitsgemeinschaft für darstellendes Spiel in der Schule Bremen. Eine Reihe, der sich Udo Lindenberg nun durchaus illuster zugesellen darf. Die Eiche im deutschen Rock. Der Mann, der hingenuschelte Wortwitze zu einer Kunstform erhoben hat und nun auch schon seit über 30 Jahren Panik mit seinem Orchester verbreitet.

Darüber hinaus ist Lindenberg aber auch der Mann, der sich klaglos zu den Großen gesellt. Erst jüngst, Mitte Dezember des vergangenen Jahres, traf er sich doch im Rahmen der deutsch-russischen Regierungskonsultationen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, um bei Eierlikör und „in lockerer Atmosphäre“ über den deutsch-russischen Kulturaustausch zu plaudern. Und Lindenberg ist der Mann, der im Kleinen helfen will. Gerade eben etwa mit einer Ebay-Versteigerung von Dingen aus seinem Panik-Fundus, zu Gunsten der Flutopfer in Südasien.

Wo es was zu tun gibt, ist der Mann mit dem tief in die Stirn gezogenen Hut mit einiger Verlässlichkeit dabei. Eine Quote für das gute deutschsprachige Lied im Radio will er ja auch. Der Mann mischt sich ein, dass darüber fast vergessen werden könnte, dass er in den aktuellen Hitparaden, also vor Ort, nicht wirklich mehr eine Rolle spielt.

Jetzt darf sich Lindenberg halt an dem Friedens- und Kulturpreis freuen. Für ein Wirken „von hohem kulturellen Rang“. Aber schließlich war selbst in der taz mal zu lesen, dass er „unser deutsche Ozzy Osbourne“ sei. Schon irgendwie peinlich. Aber wenigstens ein wenig durchgeknallt. Außerdem sang Lindenberg selbst doch, lange her: „es kommt mal wieder gar nicht so drauf an / und Leda träumt von einem Pelikan / überhaupt ist heute wieder alles klar / auf der Andrea Doria.“

Zur Verleihung des Preises in Bremen will er kommen. Anvisiert ist ein Termin im Mai, möglicherweise im Rahmen eines Konzertes. THOMAS MAUCH