: Nach unten gefallen
Landgericht verurteilt geständigen 54-Jährigen wegen Erpressung des Shell-Konzerns zu vier Jahren Knast
Zu vier Jahren Haft hat das Hamburger Landgericht gestern den 54-jährigen Hartmut Viktor M. verurteilt, der im vergangenen Herbst über Wochen hinweg den Shell-Konzern erpresst hatte. M. hatte eine Zahlung in Höhe von 4 Millionen Euro verlangt. Anderenfalls, so seine Drohung, werde er Brandanschläge auf Gebäude des Mineralölkonzerns sowie auf unbeteiligte Verkehrsteilnehmer verüben.
Bei einer fingierten Geldübergabe wurde M. festgenommen. Vor Gericht räumte er seine Tat ein. Für den Fall eines Geständnisses hatten sich die Prozessbeteiligten bereits im Vorfeld auf eine Höchststrafe von vier Jahren verständigt. Die Tat war noch weit von ihrer Vollendung entfernt, und das Gericht glaubte dem Angeklagten, dass er „nicht wirklich vorhatte, die von ihm ausgesprochenen schrecklichen Drohungen wahr zu machen“.
So hat die Polizei nichts bei Hartmut M. gefunden, aus dem sich Molotowcocktails oder andere Sprengsätze hätten basteln lassen. Jedoch hatte er bereits Drohschreiben an die Shell-AG gesandt und mehrfach bei einer Boulevardzeitung angerufen, um diese als Vermittler einzuschalten. Und auch wenn er bei diesen Telefonaten nicht gerade das Bild eines professionellen, entschlossenen Erpressers abgab, musste die Polizei seine Drohungen doch sehr ernst nehmen, hielt das Gericht ihm vor: Schließlich hatte M. angekündigt, mit Brandanschlägen eine Vielzahl unbeteiligter Menschen zu gefährden.
Der 54-Jährige ist jemand, der auf der sozialen Leiter von ganz oben nach ganz unten gefallen ist. Einst war er Manager in einer Porzellanfabrik mit einem Jahreseinkommen von über 500.000 DM. Dann aber bekam er die Kündigung, machte sich selbständig, ging pleite und hat jetzt Schulden in Höhe von fast einer halben Million Euro. Dennoch hat er versucht, die Erpressung als Verzweiflungstat darzustellen. Nicht Geldgier sei sein Motiv gewesen oder die Absicht, den luxuriösen Lebensstil seiner Familie zu sichern, sondern Perspektivlosigkeit: Parallel nämlich ist der Mann auch noch wegen Mordes angeklagt. Aufgrund dieses Vorwurfes hat er bereits ein Jahr in Untersuchungshaft gesessen. Zu Unrecht, wie er sagt. Darüber, ob das stimmt, wird ein bayerisches Gericht in einem weiteren Verfahren noch zu entscheiden haben. Elke Spanner