Die Umstände haben sich verkettet

Die deutschen Skilangläufer enttäuschen bisher bei der WM. Bei manchen ist das erklärbar, bei Evi Sachenbacher nicht

OBERSTDORF taz ■ Auch bei der Ski-WM in Oberstdorf gibt es ein deutsches Haus, das der Feier- und Begegnungsstätte bei Olympischen Spielen nachempfunden ist. Natürlich ist das Haus in Oberstdorf viel kleiner, so eine WM hat ja auch nicht die Dimension von Olympia. Gemütlich ist es aber trotzdem, zu feiern gibt es ja auch einiges: Die erfolgreichen Kombinierer waren schon da und haben angestoßen, ebenso die mit Silber dekorierte Skisprung-Mannschaft. Auch Langlauf-Bundestrainer Jochen Behle würde gerne mitwirken, aber anders als seine Kollegen vom Spezialsprung und von der Kombination gab es für ihn bislang nichts zu feiern.

Noch schlimmer: Behle wurde nicht ins deutsche Haus gebeten, um zu feiern, sondern um sich zu erklären. Schließlich waren die deutschen Langläufer mit großen Erwartungen nach Oberstdorf gereist, was keineswegs vermessen gewesen sei, wie sich der Sauerländer rechtfertigt. Denn: Axel Teichmann ist immerhin aktueller Weltcupspitzenreiter, René Sommerfeldt Dritter und Tobias Angerer Fünfter in dieser Wertung. „Wenn ich vor dieser WM von fünften und sechsten Plätzen gesprochen hätte, hättet ihr mir das nicht geglaubt und ich mir das selbst auch nicht“, belehrte Behle deshalb die Reporter. Beistand bekam er von Andreas Schlütter, der seinem Chef mit weiteren Argumenten half: „Uns wurde lange vorgeworfen, wir würden uns nicht mit der Weltspitze vergleichen. Jetzt tun wir das.“

Die bisherige WM aus Sicht der deutschen Langläufer in Kurzform: Claudia Künzel erkrankt und deshalb formschwach, gleiches bei Axel Teichmann. Evi Sachenbacher ähnlich schlecht beieinander wie schon den ganzen Winter über, René Sommerfeldt völlig außer Form, Tobias Angerer übermotiviert und zu nervös. Nein, so machen Betrachtungen an der Loipe keinen Spaß, schon gar nicht, wenn auch noch dazukommt, dass beim Skiathlon der Herren am Sonntag die Klassik-Skier verwachst waren.

Man kann Behle nun die Frage stellen, ob seine Läufer nicht zu früh Optimalform erreicht hatten, schließlich hat Teichmann im November und Dezember die Konkurrenz regelmäßig niedergerungen. „Das lässt sich nicht so steuern“, sagt der Trainer dann nur. Außerdem: Zu Winterbeginn „habe ich mit mehr Gegenwehr der Konkurrenten gerechnet“. Und überhaupt: „Wir sind immer so gut gestartet.“ Immerhin hat es in der Folge 2003 zu einigen WM-Medaillen gereicht, und im vergangenen Winter hat Sommerfeldt den Gesamtweltcup gewonnen.

Es spricht deshalb einiges dafür, dass heuer eine Verkettung unglücklicher Umstände die Langläufer zu Schneckentempo in der Loipe verurteilt hat: Die Krankheiten von Künzel und Teichmann etwa, oder der Irrtum des Technikpersonals. Auch die Schwäche von René Sommerfeldt, der mittlerweile nach Hause gefahren ist und nicht in der heutigen Staffel starten wird, ist nachvollziehbar. Im Sommer hatte er sich am Knie verletzt und konnte lange nur eingeschränkt trainieren. Von der Leistungsfähigkeit der Vorsaison ist er deshalb weit entfernt. Ob Sommerfeldt beim 50-km-Rennen an den Start geht, will Behle erst am Freitag entscheiden. In der Staffel dürfen Angerer, Schlütter, Jens Filbrich und Teichmann laufen.

Unerklärlich bleibt hingegen die Tatsache, dass Evi Sachenbacher, die laut Behle alle körperlichen Voraussetzungen erfüllt, um zu den besten Läuferinnen der Welt zu gehören, bei der WM so schwach aufgetreten ist. Wie bei der WM mehr oder weniger offen zu Tage trat, streiten sich ihre Trainer Wolfgang Pichler (von ihr privat engagiert) und Bundestrainer Jochen Behle um den richtigen Weg für Sachenbacher, bisher gefunden hat sie ihn nicht. Ganz im Gegenteil: Gestern beendete sie die WM vorzeitig und reiste ins heimatliche Reit im Winkl ab, am 30 km-Rennen wird sie nicht teilnehmen. „Es macht zur Zeit keinen Sinn. Ich bin nicht in der Form, die für ein so schweres Rennen notwendig wäre“, begründete Sachenbacher das. Zum Feiern war ihr dabei nicht zumute.

KATHRIN ZEILMANN