Klimawandel durch Klimaschutz

Das „Aktionsprogramm“ zum Klimaschutz ersetzt Substanz mit viel Symbolik

BERLIN taz ■ Überraschend haben Bundeskanzler Gerhard Schröder und US-Präsident George W. Bush gestern ein „deutsch-amerikanisches Aktionsprogramm für umweltfreundliche und effiziente Energie, Entwicklung und Klimaschutz“ präsentiert. Beide Länder wollen bei der Umsetzung von effizienten Techniken, bei Forschung und Entwicklung umweltschonender Verfahren, beim Technologietransfer in Schwellenländer und bei der Förderung erneuerbarer Energien stärker als bisher kooperieren.

„Die Vereinigten Staaten und Deutschland werden ihre Aktivitäten zur Verbesserung der Energieversorgungssicherheit und zur Reduzierung von Umweltbelastungen und Treibhausgasemissionen in drei Handlungsfeldern erweitern und verstärken und damit auch ein hohes Wirtschaftswachstum fördern“, heißt es in der Erklärung. Die Länder wollen beim „Ausbau der Klimapolitik“ kooperieren und „wirksame Instrumente für die nationale Klimapolitik entwickeln“. Zudem sollen „gemeinsame Maßnahmen“ für mehr Effizienz, weniger Luftverschmutzung und weniger Treibhausgasemissionen auch „weltweit wirksam angegangen werden“.

Schröder sagte zu Beginn der Pressekonferenz in Mainz, trotz der weiter „unterschiedlichen Einschätzung“ des Kioto-Protokolls sei es gelungen, eine „praktische Zusammenarbeit“ bei der Reduzierung von Gefahren zu vereinbaren, „insbesondere auf technologischem Gebiet“. Dies sei „ein Fortschritt, der nicht zu unterschätzen ist“. Bush sagte dazu, er habe Schröder versichert, dass die USA sehr wohl besorgt über die Luftqualität seien.

Vordergründig steht in der kurzen Absichtserklärung nicht viel Neues. „Kioto“ wird nicht einmal erwähnt. Zwischen den Zeilen stellt das Papier allerdings wichtige Weichen Richtung Klimaschutz. So leugnen die USA nicht mehr den Klimawandel. Sie planen eine umfassende Effizienzsteigerung, statt wie bisher nur punktuell vorzugehen. Bush versichert darin, die US-Zusagen von der „renewables“-Konferenz vom vorigen Jahr in Bonn zu erfüllen. Das Signal an die Schwellenländer wie China oder Indien ist auch: Die USA sind bereit, über eigene Anstrengungen zum Klimaschutz und Technologietransfer zu verhandeln, ehe dies von den armen Ländern verlangt wird. Der Verweis auf die G-8-Initiative von Tony Blair zum Klimaschutz zeigt, dass die USA diese nicht ganz blockieren wollen.

Bei den Beratern Bushs habe es „erstaunlich großes Entgegenkommen“ für das Aktionsprogramm gegeben, heißt es aus der Bundesregierung. Immerhin machen einzelne US-Bundesstaaten Druck, beim internationalen Emissionshandel mitzumischen. Das geht nicht, wenn die USA nicht dem Kioto-Protokoll beitreten – oder aber bei „Kioto II“ nicht eine Extrawurst gebraten bekommen. Auf jeden Fall müssen die USA dafür ihre Rolle als Klima-Schurkenstaat hinter sich lassen. Schröder, der 2001 zum ersten Mal auf Konfrontation zu Bush in der Klimafrage ging, holt den US-Präsidenten jetzt zurück ins Boot. Oder besser: ins Beiboot.

BERNHARD PÖTTER