Ab nach Grünland

Mit ihrer Stimmungsmache könnten Unionspolitiker die Schleswiger Dänen in eine Koalition mit Rot-Grün treiben

KIEL taz ■ Juristisch und formal ist alles klar: Die zwei Mandate des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW), die einer rot-grünen Koalition zur Macht verhelfen würden, sind gültig. Die Stimmung im Land aber ist eine andere: Mit wütenden Briefen wurde das Büro der Partei überschwemmt, auch in den Leserbriefabteilungen der Regionalzeitungen landen nicht druckbare Schreiben – Tenor: Grönland ist teilweise eisfrei, sollen sie dahin verschwinden.

Auch die Landes-CDU kokettiert mit der antidänischen Haltung: Er fürchte eine Verschlechterung des Verhältnisses, sagte Peter Harry Carstensen und sprach wolkig von „Druck, der von außen ins Land getragen“ werde – ohne zu erwähnen, dass seine Parteifreunde dahinter stecken. Wolfgang Börnsen, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Schleswig-Holstein, verlangte, der SSW solle die größere Partei, die CDU, unterstützen, andere fordern Neuwahlen – als könnte sich das Volk beim zweiten Durchgang klarer entscheiden.

Die CDU taktiert: Carstensen will sich im Landtag zur Wahl stellen. Enthält sich in den ersten zwei Durchläufen ein Abgeordneter von SPD, Grünen oder SSW, entscheidet die einfache Mehrheit – und die hat Schwarz-Gelb. SPD-Fraktionschef Lothar Hay verkündete vorsorglich, die SPD würde geschlossen für Heide Simonis stimmen, Gerüchte über „Abweichler“ seien „der Versuch, Streit in die SPD zu tragen“ – aber dass er reagieren musste, zeigt, dass es viel Rauch, wenn auch vielleicht kein Feuer gibt.

Die Versuche, den SSW unter Druck zu setzen, könnten nach hinten losgehen. Für die Spitzenfrau der Dänen-Partei, Anke Spoorendonk, gibt es nämlich nur einen Grund, eine Koalition einzugehen, statt eine Minderheitsregierung zu tolerieren: „ständige Diskussionen über Formalien“. ESTHER GEISSLINGER