JOHANN SCHWENN, ANWALT ALLER SEITEN
: Lust am Duell

■ ist Hamburger Anwalt, und für die von ihm durchgesetzten Wiederaufnahmeverfahren berühmt Foto: dpa

Nein, einnehmend wirkt Johann Schwenn nicht. Dazu hört sich der Hamburger Anwalt, der ausgesucht gekleidet und frisiert vor Gericht erscheint, viel zu gerne selbst reden. Dazu ist er zu arrogant und sein Ton auch ohne Not schneidend. Nein, einnehmend ist er nicht.

Dennoch ist er die Hoffnung all jener, die auf eine Wiederaufnahme ihres Verfahrens vor Gericht setzen. So wie der wegen Vergewaltigung verurteilte 45-Jährige, der die Tat immer bestritten hat und gerade in Niedersachsen aus der Haft entlassen wurde. Nach fünf Jahren ist er nun ein freier Mann – und das Landgericht Lüneburg wird seinen Fall neu verhandeln. Das ist in Deutschland äußerst selten – und wenn es gelingt, häufig mit dem Namen Schwenn verbunden.

Der hat in der Vergangenheit immer wieder Prominente vertreten: Sei es den entführten Millionen-Erben Jan-Philipp Reemtsma, den wegen Untreue angeklagten Betriebsratschef Klaus Volkert oder den gedopten Radler Jan Ullrich. In einem Porträt der Zeit über Schwenn heißt es: „Seine Freude an der Weltverbesserung bleibt deutlich zurück hinter seiner Lust am Duell, am Hauen und Stechen.“ Das tut er gelegentlich jedoch auch unentgeltlich.

Im Fall des gerade frei gelassenen Klaus W. trifft sich für Schwenn das Edle mit dem Nützlichen. Eine bessere Werbung als eine Wiederaufnahme kann sich kein Anwalt wünschen, auch wenn er bereits in einem von Hamburgs feinsten Vierteln residiert. Klaus W. ist 2004 wegen Vergewaltigung einer damals 15-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und acht Monaten verurteilt worden. In einem weiteren Verfahren war die Glaubwürdigkeit des Mädchens, das auch seinen Vater belastet hatte, erschüttert worden. Diese Information hatte die Staatsanwaltschaft Hannover jedoch nicht weitergeleitet.

Anwalt Schwenn, der Klaus W. inzwischen vertritt, nennt das in einem Aufsatz gewohnt deutlich eine „Schande für die Justiz“. Und er beklagt „eine offenbar zunehmende Scheu vor dem Menschen, eine Art Ekel, der manchen Juristen davon abhält, näher hinzusehen“.FRIEDERIKE GRÄFF