Reformkabinett in Ramallah

Das palästinensische Parlament billigt die neue Ministerliste. Nach heftigem Streit setzte sich Präsident Abbas durch und bekam den Rückhalt seiner Fatah-Fraktion

JERUSALEM taz ■ In den kommenden Monaten werden die innenpolitischen Entwicklungen in den Palästinensergebieten in den Händen eines Reformkabinetts liegen. Nach einer schweren Krise und erst infolge unmittelbaren Einwirkens von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas einigte sich Premierminister Ahmed Kurei mit den Abgeordneten seiner Fatah-Fraktion auf die neue Liste der Minister. Das Parlament billigte das Kabinett gestern mit einer klaren Mehrheit von 54 der insgesamt 85 Stimmen. Noch am Vortag gab es Stimmen, die zum Rücktritt des Premierministers aufriefen.

Das Kabinett bleibt mit insgesamt 25 Ministern unverändert groß, obwohl die Reformpolitiker zunächst eine Verkleinerung auf 15 bis 18 Sitze gefordert hatten. 17 neue Gesichter ziehen in die Regierung ein, die jedoch nur fünf Monate im Amt bleibt. Im Juli sollen Parlamentswahlen stattfinden, an denen aller Voraussicht nach auch die islamischen Bewegungen teilnehmen werden. Die neuen Übergangs-Minister sollten reformorientiert sein, in Sachen Korruption eine weiße Weste haben und vor allem nicht im Abgeordnetenhaus sitzen, sondern über Sachkompetenz verfügen.

Palästinenserpräsident Abbas bekam mit seinen Reformbestrebungen die Rückendeckung seiner Fraktion. Die Fatah, die rund zwei Drittel der Parlamentsmandate hält, will nun mehrheitlich den konservativen Kurs des Premierministers nicht länger mittragen. Auch die bereits bekannten Politiker, die wiederholt nominiert wurden, stehen für Reformen, allen voran Finanzminister Salam Fayyad sowie der Abbas-Vertraute Mohammed Dahlan, ehemals Sicherheitschef im Gaza-Streifen.

Exgeneral Nasser Jussef, der an dem im November verstorbenen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat gescheitert war, wird als künftiger Innenminister eine zentrale Rolle bei der Reformierung der bisweilen miteinander konkurrierenden Sicherheitsdienste spielen. Auf seiner Agenda steht auch die Entwaffnung der militanten Widerstandsbewegungen.

Die meisten neuen Minister stammen aus dem Dunstkreis der alten Garde. Sie hatten in der Vergangenheit Parteiämter oder übten Beraterfunktionen aus, wie etwa der künftige Bauminister Mohammed Sayyeh oder Frauenministerin Sehira Kamal. Seinen Posten verlor Saeb Erikat, Minister für Verhandlungsangelegenheiten. Allerdings soll Erikat, der stets als Arafat-Vertrauter galt, auch in Zukunft Friedensverhandlungen mit Israel begleiten. SUSANNE KNAUL