Doch keine Mitsprache

Kölner Verwaltung und schwarz-rote Koalition ignorieren einzigartiges Beteiligungsverfahren in der Verkehrspolitik

KÖLN taz ■ So stellt man sich eine gelungene Mitsprache von Bürgern und Experten vor: Politiker und Verwaltungsfachleute, Verkehrsexperten und Bürger aus Braunsfeld und Müngersdorf verständigten sich im Juni 2004 gemeinsam, den Verkehr an der Kreuzung Stolberger/Eupener Straße mit Hilfe eines kleinen Kreisverkehrs mit 20 Metern Durchmesser zu regeln. Ein „einzigartiges Beteiligungsverfahren“, kommentiert Roland Schüler vom Kölner Kreisverband des Verkehrsclub Deutschland (VCD).

Nun kommt alles anders: Die Verwaltung legte einen Änderungsantrag vor, dem die schwarz-rote Mehrheit im Verkehrsausschuss jetzt folgte. Mit 32 Metern Durchmesser wird der Kreisel fast doppelt so groß wie geplant. Die Grünen sind empört: „Einmal mehr hat die Stadt das Interesse eines Investors, hier der Firma Lammerting, über das Gemeinwohl gestellt“, sagt die verkehrspolitische Sprecherin Sabine Müller.

Die Verwaltung begründet die neuen Pläne vor allem mit den Wünschen Lammertings, den Kreisverkehr dem „zukünftig zu erwartenden Verkehrsaufkommen“ anzupassen. Lammerting hat im Kölner Westen zwischen Stolberger und Widdersdorfer Straße einen weiträumigen Gewerbekomplex errichtet. Die für die Erweiterung des Kreisverkehrs nötigen Grundflächen würden von der Immobiliengruppe „kosten- und lastenfrei der Stadt Köln“ zur Verfügung gestellt, erklärt die Verwaltung. Anwohner befürchten, dass Lammerting verstärkt auf Schwerverkehr angewiesenes Gewerbe ansiedeln will.

Nach Berechnungen des VCD ist die „kleine Lösung“ für bis zu 17.000 Autos täglich ausgelegt und völlig ausreichend: Laut einem Gutachten liege die Belastung der Kreuzung bis 2010 deutlich darunter. Der „Mini-Kreisel“ sei rund 60.000 Euro billiger als der große und sicherer für Fußgänger und Radfahrer. Auch für LKW sei er keine Behinderung. Den Beweis für ein höheres Verkehrsaufkommen habe die Verwaltung nicht erbracht. JÜRGEN SCHÖN