Unfromme Gospels

Gitarrist John Scofield präsentiert mit der „Piety Street Band“ sein Blues- und Gospel-Projekt

John Scofield ist das Chamäleon unter den Jazzgitarristen. Sich gemütlich in der erfolgreichen, stilistischen Nische einzurichten, dass überlässt der für viele gemeinsam mit Bill Frisell und Pat Metheney zu den herausragendsten Gitarristen der Jazz- und Fusion-Geschichte seit Wes Montgomery Zählende anderen. Stattdessen hat der 58-Jährige auf seinen bislang 28 Alben unermüdlich das ganz weite Feld vom Bebop über Swing, Fusion, Funk, Soul bis zum Blues beackert. Hin und Her. Vor und Zurück. Den nächsten Schritt vorauszuahnen gehörte dabei stets zu den schwierigeren Aufgaben der Jazz-Prognostik.

Für sein aktuelles Album „Piety Street“ hat sich Scofield nun den traditionellen Gospel vorgenommen. Gemeinsam mit dem britischen Sänger, Pianisten und Komponisten Jon Cleary, der seit 20 Jahren „die musikalische Kultur und das Leben in New Orleans erforscht“, dem Sänger John Boutté – der jüngere Bruder der Gospel-Legende Lillian Boutté –, dem Bassisten George Porter Jr. von der legendären New-Orleans-Funk-Band „The Meters“ und dem südafrikanischen Schlagzeuger Ricky Fataar, der in seiner Jugend jahrelang für die „Beach Boys“ getrommelt hat, hat Scofield die alten Gospels entstaubt und umarrangiert.

Denn bei aller tiefen Auseinandersetzung mit der Musik bleibt Scofield bei seiner „säkularen Perspektive“. Aber dass die „Piety Street Band“ ganz offensichtlich ihren Spaß mit den frommen Liedern hatte, kann man nicht nur hören, sondern schon auf dem Cover sehen. Darauf sind deren Mitglieder als lächelnde Heilige auf hell leuchtenden Andachtskerzen zu sehen. ROBERT MATTHIES

■ Mi, 1. 7., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36