FRÜHSTÜCK IM FREIEN
: Vormittags im Regen

Manchmal grinsten wir kurz und rauchten

Ich zögerte, ob ich hier frühstücken sollte. Ich frühstücke selten im Freien und weiß eh nie so recht, wohin. Vor dem Café, unter einem riesigen viereckigen Sonnenschirm, saß ein einziger Gast; eine Frau Mitte vierzig, stämmig, mit kurzen hellbraunen Haaren. Neben ihr stand ein schwarzer großer Rollkoffer. Vielleicht war sie auf dem Weg zu verreisen. Nein, wahrscheinlich war sie erst vorhin in Berlin angekommen. Sie hatte die Reise schon hinter sich, hatte etwas erlebt und geschafft, während ich erst um halb zwölf aus dem Bett getaumelt war und irgendwie versuchte, in den Tag hineinzukommen.

Es regnete. Wir waren die einzigen Gäste, die draußen saßen. Sie trank einen Kaffee. Ich aß Rühreier mit Speck und las den Tagesspiegel, wie ich es mir vorgenommen hatte, als ich, noch völlig erledigt von der Nacht zuvor, im Halbschlaf gelegen hatte. Sie trank dann ein Bier. Alle paar Minuten kam der Kellner vorbei und fragte, ob alles so richtig sei. Der Regen wurde immer stärker. Manchmal grinsten wir kurz solidarisch und rauchten.

Wie angenehm es doch gewesen war, zwischen den Kissen, noch leicht betäubt, im Bett zu liegen! Gleich hinter der Kopfseite des Bettes das halb geöffnete Fenster, kühle Luft und Vogelzwitschern. An den Rändern des eher unambitioniert aufgehängten blauen Vorhangs, war – nicht feindliches, sondern eher schlafbehinderndes – Vormittagslicht in das Schlafzimmer gekommen.

Später, auf der Straße, kam mir ein Mann entgegen, der aus einer braunen Flasche Bier trank. Die Flasche war noch halbvoll. Und, vielleicht weil ich ihn angeschaut hatte, in Gedanken darüber, was ihn so bewegt haben mochte, um diese Zeit draußen, zwischen Regen und paar verstohlenen Sonnenabschnitten, bei abnehmenden Temperaturen, mittags in der Öffentlichkeit zu trinken, war ich überrascht von seinem „Hallo“, antwortete zu spät und ging dann weiter.

DETLEF KUHLBRODT