„Wos is dos denn?“

Die Montagsdemonstranten, die NPD und der Kaiser

Man könnte den Montagsdemonstranten vorwerfen, dass sie unter Verfolgungswahn leiden. Skepsis gegen alles von Rot-Grün vorgebrachte haben sie sich redlich antrainiert und angefroren im Laufe des kalten Demowinters – doch was das Anti-Hartz-Bündnis NRW zu den geplanten Änderungen des Versammlungsrechts zu sagen hatte, klang dann doch leicht paranoid: Nicht die NPD solle daran gehindert werden, vor dem Holocaust-Denkmal zu pöbeln, nein, die Hartz-Gegner stünden im Fokus der Regierung, teilte das Bündnis in einem Schreiben ernsthaft mit. Denn ein Passus, nach dem man nicht mehr für totalitäre Systeme demonstrieren dürfe, könnte auch so ausgelegt werden, dass man die bestehende Ordnung überhaupt nicht mehr in Frage stellen dürfe.

„Alles Quatsch“, sagt Ulrich Rungwerth, Sprecher von NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD). „Das hat schon fast eine spaßige Note.“ Doch geschenkt: Immerhin demonstrieren die Hartz-Gegner noch, Montag für Montag, sogar am Rosenmontag in Köln, auch heute. So richtig viele Aktivisten sind es zwar nicht mehr, lediglich 850 Menschen in 28 Städten kamen beim letzten Mal – aber es gibt Erfolgserlebnisse.

So der vergangene Montag in Dortmund: Die deutsche Fußballprominenz war da, dazu Bundesinnenminister Otto Schily und NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (beide SPD). „You‘ll never walk alone“ intonierten Schulkinder der Dortmunder Chorakademie, und tatsächlich, die Politik blieb nicht allein. „Olé olé olé, Peer Steinbrück, tritt zurück“, gaben 150 Demonstranten parallel dazu eine Probe ihrer Sangeskunst. Steinbrück und Schily ignorierten, nur Ehrengast Franz Beckenbauer war irritiert: „Wos is dos denn?“ Nein, niemand forderte seinen Rücktritt.

„Das war lustig, und das bei dem Sauwetter“, freute sich Demo-Organisator Martin Pausch. Und weil die Demonstranten noch Spaß an der Sache haben, wollen sie weitermachen. Am 9. April kommt Bundeskanzler Schröder zum Wahlkämpfen nach Dortmund, dann gibt es eine „richtige Großdemo“, verspricht Pausch. Und bis dahin wird weiter alles angebrüllt, was rot-grün wirkt – auch wenn der Schein manchmal trügt. „Nieder mit der Datenerfassung“, schallte es in Bochum beleuchteten Fenstern entgegen. Doch hinter dem Glas befand sich nicht die zentrale Datenerfassungsstelle der Stadt, sondern ein harmloses Call-Center und ein Architektenbüro. Aber man kann ja nie wissen, wo der Feind sitzt. KAN