ausstellung
: Unterwerfung des Vergänglichen

Über den Körper wird ja in letzter Zeit viel geredet. Ganze Fernsehserien beschwören den idealen Leib: Wir sollen Fett absaugen und Muskeln aufbauen, die Nasen kleiner und die Brüste größer tragen, den Body shapen, die Zähne stylen und endlich, endlich glücklich werden. Neu ist das alles nicht: Schon lange ist die vergängliche Hülle des Menschen spannender als seine unsterbliche Seele, auch als Thema für bildende Künstler. „Der modellierte Körper“ heißt eine Studioausstellung im Kölner Museum für Angewandte Kunst. Zu sehen sind keramische Kleinplastiken des eigenen Bestands, rund dreißig Figuren aus dem 18. bis 20. Jahrhundert, menschliche Miniaturen aus Steingut, Porzellan und Ton.

Und siehe da – auch vor über zweihundert Jahren wurde eifrig über den Körper geredet. Die ältesten Stücke in der Ausstellung dienten nämlich ausdrücklich der leicht schlüpfrigen Konversation: Figuren aus Biskuitporzellan, die man auf den Esstisch stellte, um zwischen Braten und Dessert einen hübschen Amor oder die Rundungen der Venus zu lobpreisen. Künstler späterer Zeiten verließen die ideale Form, wurden realistischer in der Darstellung und drastischer im Ausdruck: In Max Laeugers Terrakottaskulptur von 1962 beißt Zeus als Schwan seiner Leda lustvoll in die Brüste statt sie sanft zu umschmeicheln wie in der Meißner Porzellanplastik von 1750.

Doch nicht nur den erotischen, auch den unterworfenen Körper hat die Kölner Ausstellung im Blick: Aus einem Tafelaufsatz, den Friedrich der Große Zarin Katharina schenkte, stammt eine Porzellangruppe, die einen Kosaken und drei gefesselte Sklaven zum dekorativen Ensemble vereinigt. Die Sklaven sind Orientalen, Symbole von Russland unterworfener Völker – „Clash of Cultures“ aus stramm hegemonialer Sicht.

Vom buckligen Dudelsackspieler aus Mailänder Majolika über die mal ästhetisierten, mal ausgemergelten Körper des Jugendstils bis zu Christie Browns „Grünem Apoll“ von 1986 reicht das Spektrum dieser Mini-Ausstellung, die so klein ist wie ihre Objekte und die sich doch mit klarem Konzept und sehenswerten Exponaten ihrem Publikum präsentiert. Am Ende des Rundgangs wartet ein sitzender Mann aus Ton wie ein Menetekel: „Meditare“ heißt die 1988 entstandene, archaisch anmutende Statuette von Frans Duckers. Vielleicht sollte man tatsächlich mal wieder meditieren – über ursprüngliche und überzüchtete, natürliche und unerreichbare Körper. Und nicht nur in Vorher-Nachher-Shows darüber quatschen.

HOLGER MÖHLMANN

Der modellierte Körper, Museum für Angewandte Kunst, An der Rechtsschule, Di-So 11-17 Uhr, bis 29. Mai