Abschied von der Halskrause

Lutz Mohaupt war bis vor kurzem Hauptpastor an der Hamburger St. Jacobi-Kirche. Jetzt predigt er als Pressesprecher des Senats

taz: Herr Mohaupt, bevor Sie am 1. Februar Pressesprecher des Hamburger Senats wurden, haben Sie 24 Jahre die Halskrause des Hauptpastors von St. Jacobi getragen. Vermissen Sie das Stück?

Lutz Mohaupt: Ich vermisse die Halskrause nicht im Alltagsleben, aber Sonntagmorgen diesen schönen alten Talar anzuziehen und die Halskrause drüberzulegen ist ein erhebender Akt. Da werd‘ ich schon manchmal dran denken.

Was bringt einen Pastor dazu, in die Politik zu gehen?

Ich bin immer ein sehr politischer Mensch gewesen, und das Amt des Hauptpastors ist bei aller gebotenen Zurückhaltung doch ein politisch sehr relevantes Amt. Es ist ein Unterschied, ob Sie als Hauptpastor von St. Jacobi etwas zur Obdachlosigkeit sagen oder in irgendeinem Vorort. Dass ich jetzt Pressesprcher bin, liegt daran, dass Bürgermeister Ole von Beust mich gefragt hat, ob ich das nicht die letzten Jahre machen will, bevor ich in Pension gehe. Ich habe ja gesagt.

Erst waren Sie ein Mann Gottes, jetzt dienen Sie der Welt.

Ich sehe da keinen Widerspruch. Die menschenfreundliche Gestaltung unseres Gemeinwesens gehört zum Schöpfungswillen Gottes. Da mitzuwirken ist nichts Untheologisches.

Was halten Sie von der Amtstracht, die Sie jetzt tragen?

Ich sitze hier in meinem dunklen Anzug, weil ich eben Jorunalisten zu betreuen hatte. Sonst trägt man Schlips und Kragen.

Also nicht mehr so spektakulär?

Nein, ganz einfache Kleidung, wie alle, die hier in den Büros hinter den Schreibtischen sitzen.

Was gefällt Ihnen jetzt besser, Rathaus oder Kirche?

Ich bin dankbar dafür, dass ich dieses theologische Predigtamt so lange habe wahrnehmen dürfen, da hab ich viel Freude dran gehabt. Andererseits inspiriert es mich, dass so viel Neues auf mich einströmt. Ich genieße die neuen Perspektiven, auch wenn ich manchmal darüber stöhne, wie wenig Privatheit ich noch habe. Als Hauptpastor konnte ich mir meine Arbeitszeit sehr viel besser selbst einteilen.

Und wenn Sie Rathaus und Jacobikiche als Gebäude vergleichen, was ziehen Sie vor?

Ins Rathaus hineinzugehen durch das große Hauptportal, animiert mich noch mehr. Aber mein Schreibtisch und mein Arbeitszimmer hier ist ziemlich bescheiden, es hat den Charme eines Vorzimmers zu einem OP. Kein Vergleich zu meinem herrlich ausgestatteten, würdigen Amtszimmer von St. Jacobi, dem schönsten Büro in dieser Stadt.

Fragen: Daniel Wiese