: Wenigstens die Richtung stimmt
Die deutschen Skispringer landen beim abschließenden WM-Mannschaftsspringen von der großen Schanze lediglich auf Rang sechs. Bundestrainer Peter Rohwein hat mit seiner Arbeit dennoch angekündigt, dass es bald wieder besser werden könnte
AUS OBERSTDORF KATHRIN ZEILMANN
Die Skisprungwelt ist schon verrückt. Peter Rohwein muss ein wenig lachen, als er am Ende der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf über ihre Gewinner und Verlierer nachdenkt. Da ist zum Beispiel sein slowenischer Kollege Matjaz Zupan bei der Tournee in Innsbruck mangels Erfolg gefeuert worden, um wenige Tage später wieder eingestellt zu werden. Jetzt hat er Rok Benkovic zum Weltmeistertitel auf der Normalschanze geführt und Bronze mit dem Team gewonnen. Rohweins Lachen ist mit einem Kopfschütteln verbunden, er staunt immer noch über die Mechanismen dieses Sports. Aber wenn der Erfolg ausbleibt, das weiß er, wird eben hinterfragt – und es werden Maßnahmen ergriffen. Immerhin hat Rohwein im Herbst selbst von so einer Situation profitiert, als er überraschend zum Chef der abstürzenden deutschen Springer erklärt wurde, weil sein Vorgänger keine Erfolgsaussichten mehr gewährte.
Nun sitzt Rohwein da und erklärt, warum seine Mannschaft auf der kleinen Schanze so gut ausgesehen und die Weitenjagd auf der großen Anlage nur staunend mit verfolgt hatte, ohne selbst eingreifen zu können. Platz sechs wurde es nur beim Teamspringen am Samstag, es gewannen wie schon auf der Normalschanze die Österreicher, diesmal allerdings vor Finnland und Norwegen. Slowenien auf Rang vier lag noch vor der deutschen Mannschaft, der man immerhin eine solide Leistung im Mittelmaß bescheinigen konnte. Mehr aber auch nicht.
Sie sind jedenfalls nicht über sich hinausgewachsen, so wie sie es versprochen hatten nach dem Einzelwettbewerb am Freitagabend, wo Michael Uhrmann beim WM-Sieg von Janne Ahonen als bester Deutscher gerade einmal 14. geworden war. „Wir werden kämpfen“, hatte Uhrmann da gesagt, aber anderntags konnten sie erneut nur die herausragenden Leistungen der Konkurrenten bewundern. Martin Schmitt empfand dabei nur Wehmut. Schließlich hatte die WM mit Bestweiten im Training so gut für ihn begonnen. „So schön es am Anfang der WM war, umso enttäuschender ist es jetzt“, sagte er jetzt.
Wenn das Leistungsvermögen sowieso schon nicht das der Besten erreicht, schmerzt es doppelt, wenn Verletzungen und Krankheiten zusätzlich behindern. Georg Späth hatte Fieber –und ist dennoch gesprungen. Schmitt hatte Probleme mit den Bronchien und eine Rückenzerrung, auch er stieg auf die Schanze. „Sie haben gebissen und sich zusammengerissen“, lobte Rohwein.
Zudem hat der Bundestrainer Umstellungsprobleme festgestellt. „Ich war überrascht, dass wir uns so schwer getan haben mit dem Wechsel von der kleinen auf die große Schanze.“ Das war in der Tat so nicht zu erwarten, gelten die Deutschen doch seit je eher als Spezialisten für die großen Anlagen. Jetzt haben sie es dem erst zum zweiten Mal bei einer WM ausgetragenen Teamspringen auf der Normalschanze zu verdanken, dass es mit Silber überhaupt eine Medaille für sie gab bei den Titelkämpfen im eigenen Land.
Der Trainer versprach umfangreiche Analyse, vermutete aber die hohe Geschwindigkeit in der Anlaufspur der Großschanze als Ursache. Rohwein: „Da wollten wir den Absprung vorwegnehmen und waren zu früh.“ All das sind Dinge, die der Bundestrainer im Sommer, wenn er erstmals allein verantwortlich ist für die Saisonvorbereitung, ändern will. In Ruhe will er dann arbeiten und das Team auf die Olympischen Winterspiele 2006 vorbereiten. „Entweder es reicht dann, oder es reicht nicht“, sagt Rohwein. Schon jetzt freilich sind Erfolg versprechende Ansätze unter seiner Leitung zu erkennen, auch wenn er in seiner kurzen Amtszeit manche Mängel, wie etwa das athletische Defizit der Sportler, nur notdürftig kaschieren konnte. So wird es erst im nächsten Winter möglich sein, Rohweins Fähigkeiten richtig zu beurteilen. Die warmen Dankesworte, die Martin Schmitt nach dem Gewinn der Silbermedaille im Team in Richtung des Trainers sprach, sind immerhin ein Hinweis darauf, dass die Richtung stimmt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen