Nach dem Anschlag von Tel Aviv muss Scharon Ruhe bewahren
: Tödliche Provokationen

Niemand konnte erwarten, dass sich der Konflikt im Nahen Osten ohne weiteres Blutvergießen in Wohlwollen auflöst. Und doch verblüfft der Anschlag am Wochenende, der vier junge Menschen in Tel Aviv das Leben kostete. Nach der Wende in Ramallah deuteten alle Zeichen auf eine diplomatische Lösung. Der Gewaltakt und weitere, die mit großer Wahrscheinlichkeit noch kommen werden, bergen die Gefahr, in die Ära zurückzuverfallen, die die letzten Jahre unter Palästinenserpräsident Jassir Arafat charakterisierte. Genau das ist das Ziel derer, die den Anschlag lancierten.

Die einzig sinnvolle pädagogisch-strategische Maßnahme ist die gegenteilige Reaktion. Wenn jeder Terrorakt als Katalysator der parallel auf beiden Seiten vorgenommenen politischen Schritte wirkte, würden die Kämpfer des Islamischen Dschihad die Waffen bald ruhen lassen. Die israelische Regierung ist deshalb aufgefordert, mit allen nur denkbaren Schritten, die nicht unmittelbar ein Sicherheitsrisiko für die eigenen Staatsbürger bergen, der palästinensischen Führung entgegenzukommen. Gleichzeitig müsste Palästinenserpräsident Mahmud Abbas deutlicher gegen die Widersacher im eigenen Lager vorgehen.

Die neue palästinensische Führung hat zum einen ein dringendes eigenes Interesse daran, die Widersacher zu bezwingen, zum Zweiten ist sie die einzige Instanz, die über die notwendigen Mittel verfügt. Die vergangenen Jahre enthüllten die Unfähigkeit der israelischen Armee, der Gewalt durch militärische Operationen Einhalt zu gebieten. Dauerhafte Ruhephasen hat es immer dann nur gegeben, wenn die palästinensischen Sicherheitsdienste die Kontrolle hatten. Die Palästinenser verfügen über ein ungleich dichteres Nachrichtennetz als die Israelis.

Die Tatsache, dass das Kommando zum Anschlag aus Damaskus kam, macht internationales Zutun nötig. Vor knapp zwei Jahren bereits wurden die syrischen Büros des Islamischen Dschihad und der Hamas auf Druck des Weißen Hauses geschlossen. Die Aktivitäten der religiösen Extremisten dauern dessen ungeachtet an. Neben der EU sind Ägypten und Jordanien aufgefordert, den internationalen Druck zu intensivieren. SUSANNE KNAUL