fischers rede
: Falsche Zeit, falscher Ort

Die Komplimente aus der SPD waren vergiftet. Während der Kanzler kolportieren ließ, er sei von der Parteitagsrede seines Außenministers „begeistert“, sprach Franz Müntefering ganz vorsichtig von einem „wichtigen Schritt“. Fischers Köln-Auftritt schaffe „die Voraussetzung“ für eine umfassende Aufklärung der Visa-Affäre im Untersuchungsausschuss. Und die Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen legen Fischer nahe, dort schon in zwei oder vier Wochen eine Aussage zu machen.

KOMMENTAR VON RALPH BOLLMANN

Diese Äußerungen machen klar: Mit der Rhetorik grüner Selbstvergewisserung, die Fischer am Wochenende übte, gibt sich der Koalitionspartner in Berlin und Düsseldorf nicht mehr zufrieden. Seine wolkigen Bekenntnisse zur persönlichen Verantwortung und liberalen Visapolitik begeistern vielleicht die grüne Klientel, nicht aber die Stammwählerschaft der SPD an Rhein und Ruhr.

Da mochten die nordrhein-westfälischen Delegierten der Grünen ihren einstigen Hoffnungsträger noch so frenetisch beklatschen – zu einem Befreiungsschlag wurde Fischers Rede nicht. Zwar hat der Minister diesmal ausdrücklich darauf verzichtet, Verantwortung auf seine Mitarbeiter abzuschieben. Dafür hat er aber zwei andere Fehler wiederholt, die er bereits vor seinem Auftritt an der Treppe der grünen Parteizentrale am 14. Februar begangen hatte: Er hat seinen angeblichen Befreiungsschlag vorher angekündigt, statt gleich zu sagen, was früher oder später gesagt werden muss. Und er wählte dafür das falsche Forum. Ein Wahlparteitag zur Mobilisierung der eigenen Partei ist schlichtweg nicht der richtige Ort, um die Vorwürfe eines Untersuchungsausschusses zu entkräften. Der Kölner Auftritt kann nur die politische Vorbereitung gewesen sein für einen Auftritt vor dem Ausschuss selbst. Wenn Fischer tatsächlich die Luft aus der Debatte herauslassen und die Dimension der Affäre zurechtrücken will, dann muss er dort Punkt für Punkt Stellung nehmen.

Schon der Umstand, dass er auf der parlamentarischen Anklagebank Platz nehmen muss, ist für den erfolgsverwöhnten Politiker demütigend genug – selbst wenn er es schafft, sich nicht in Widersprüche zu verwickeln. Ohne eine persönliche Demütigung geht es für Fischer aber ohnehin nicht mehr, egal was er macht. Für die Zukunft von Rot-Grün in Düsseldorf ist es umso besser, je schneller er diesen unvermeidlichen Gesichtsverlust hinter sich bringt.