BERLIN - VON KENNERN FÜR KENNER Das Lammcurry entspricht den Erwartungen

Jan Feddersens Gastrokritik: Sind Touristenfallen akzeptabel? Erwägungen am Beispiel des beliebten indischen Restaurants Amrit

Hin und wieder bestellt jemand ein Tandoori-Gericht – und das merkt man als Nachbar an einem der Tische schon daran, dass die schrillrot marinierten Speisen in einem Tontopf oder auf einer gusseisernern Pfanne serviert werden: ein Gezische und Gewurbel, das sich von der Küchedurchreiche bis zum Tisch zieht.

Das ist wohl das größte anzunehmende Differenzgeräusch indischer Speisehäuser zu allen anderen. Und es schmeckt ja gut – Indisches wird hierzulande gern gegessen. Curry, Kardamom, Ingwer … das sind Gewürze, die auch in deutschen Rezeptbüchern souverän zu nutzen verlangt wird.

Aber muss es denn gleich ein indisches Restaurant der gehobenen Art sein – das eben nicht vom Ruf des Geheimtipps lebt? Die indische ist wie alle ethnisch eher purifizierten Küchen eine Bauernküche, bürgerlicher Feinsinn ist fehl am Platze. Ist das der Grund, weshalb der Ruf, man gehe „zum Inder“, gerade in studentischen Kreisen weit verbreitet ist?

Die Restaurantkette Amrit zählt zu diesem Gastrogenre: drei Filialen in Berlin – und besucht haben wir speziell jene gegenüber vom Tacheles in Mitte, wo sich gern Touristen und Studenten und andere Ambitionierte herumtreiben. Die Bedienung, so viel lässt sich sagen, ist umsichtig. Die Getränke entsprechen dem Deutschüblichen, Wein und Bier, nichts Besonderes dabei, alles im Einkauf offenbar auf Großhandelspreise getrimmt, abgesehen vom Lassi, dem milchhaltigen Getränk, Shake-gleich, aber indisch gewürzt. Die Kormas, eine Art Frikassee nach indischer Art, schmecken klasse, wenn auch ein wenig zu sahnig am Ende des Abends – wenn sich der Magen mit einem gewissen Völlegefühl rumpelnd meldet. Das Chicken Korma jedenfalls, versetzt mit Süßem wie Rosinen und Mandeln, ist ein sicherer Tipp für einen gastronomischen Abend ohne viel Anspruch. Auch das Lammcurry entsprach den nicht sehr hoch gesteckten Erwartungen: „Der Inder“ ist zuverlässig seriell – keine Pannen in der Küche, kinderfreundlich obendrein, man kann die scharfgewürzten Speisen auf mitteleuropäischen Standard (fad, mild, je nach Blickwinkel) herunterwünschen.

Dieses Lob des Soliden gilt im Übrigen für alle drei Amrit-Häuser – auch jenes am Winterfeldtplatz, das am ehesten an eine als Restaurant getarnte Kantine gemahnt. Was keine Meckerei ist: Die Filiale an der Oranienstraße im Herzen Kreuzbergs darf als vorbildlich gelten, gerade was die Beratung vor den Gerichten anbetrifft. Mit siddhartahafter Duldsamkeit wird jede noch so blöde Frage beantwortet: „Ist das Lamm auch bio?“

AMRIT, Winterfeldtstr. 40, U Nollendorfplatz; Oranienburger Str. 45, S Oranienburger Straße; Oranienstraße, U Görlitzer Bahnhof; Hauptgerichte 5 bis 12 Euro, Vorspeisen ab 1 Euro; Leitungswasser gratis; Öffnungszeiten: 11 bis weit nach Mitternacht