Mit Schamoffensive zur Fußball-WM 2006

Die Landesregierung rettete die Ruhr Tourismus GmbH mit einer großzügigen Geldspritze. Zwei Jahre hat die Tochter des Regionalverbandes Ruhr nun Zeit, neue Strategien zu entwickeln. Doch nur die Extraschicht könnte Label werden

ESSEN taz ■ Die Ruhrtourismus GmbH hat eine zweite Chance bekommen. Das NRW-Wirtschaftministerium hat auf die enormen Verluste des letzten Jahres bei Extraschicht und Ruhrpott-Card reagiert und wird mit 1,8 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren die Finanzierung der Industriekulturnächte absichern.

„Eine exzellent großzügige Förderung“ nennt das Dieter Nellen, Geschäftsführer der Tourismustochter des Regionalverbandes Ruhr (RVR). Damit sei man bis Ende 2006 finanziell gut aufgestellt. Wie es danach weitergehe – das wisse niemand. Wichtigste Aufgabe einer neuen Strategie sei es, den Bekanntheitsgrad des Ruhrgebiets weltweit zu erhöhen, sagt Jochen Henneke, kommissarischer Aufsichtsratsvorsitzender der RTG. So wollte man mit den Vereinigten Arabischen Emiraten eine Roadshow organisieren – die hätten vom Ruhrgebiet aber noch nie gehört, wollten unbedingt nach München. „Da müssen wir noch viel Aufklärungsarbeit leisten“, sagt Henneke.

Mit dem neuen Projekt „RuhrtalRadweg“ wird das auf der arabischen Halbinsel nicht gelingen. Hier investiert die RTG jetzt erst einmal eine halbe Million Euro in Marketing und strategische Beratung. Fertig ist der 240 Kilometer lange Radelweg von der Quelle bis zur Mündung der Ruhr noch lange nicht. „Wenn es was bringen soll, muss es richtig gemacht werden“, sagt Nellen und denkt an eine Fertigstellung frühestens ab 2007. Ähnlich verhält es sich auch mit dem Projekt Ruhr-Card, von denen im letzten Jahr nur rund 20.000 Stück verkauft worden sind. Ein Minusgeschäft. Nach dem Marketingflop Ruhrpottcard soll sie jetzt RuhrTopCard heißen, bundesweit vertrieben werden und immer noch preisgünstig den Besuch von Attraktionen wie das neue Aquarium Sea-Life in Oberhausen oder dem finanziell angeschlagenen Alpin-Center Bottrop und der Industrie-Denkmäler ermöglichen. Als Gesamtbudget sind auch hier in den nächsten zwei Jahren 1,8 Millionen Euro veranschlagt. Sollten sich die Verkaufzahlen nicht erhöhen, ist das eine Subventionierung mit 45 Euro pro Karte.

Schon bei der Fußball-WM 2006 und den World Games im Juli in Duisburg will man das Revier als internationales Touristikziel profilieren. „Allerdings ist das Unterfangen mit rund 200.000 Euro pro Jahr eher dürftig ausgestattet. „Auch hier starten wir eine Marketingkampagne“, sagt Geschäftsführer Nellen. Es ginge bei der Charme-Offensive zur WM um neues „Branding“.

Dass wenigstens die Übernachtungen im Ruhrgebiet wegen der neuen touristischen Ziele im letzten Jahr gestiegen sind, kann allerdings auch nur vermutet werden. Jochen Henneke sieht den statistischen Zuwachs eher durch die zahlreichen Messen verursacht. Gerade im letzten Jahr seien die Aktivitäten dort verstärkt worden. Aber die Meriten bleiben im Haus: Die Messegesellschaft Essen ist einer der Gesellschafter der Ruhrgebiets Tourismus GmbH&Co.KG.

PETER ORTMANN