Gummizähes Ringen um Kunst

Die Kölner Kulturpolitiker wollen sich parteiübergreifend für Künstlerateliers auf dem Clouth-Gelände einsetzen. CDU-Stadtkämmerer Soénius möchte nicht auf Einnahmen verzichten

VON ISABEL FANNRICH

In das zähe Ringen um die Künstlerateliers auf dem Gelände der Clouth-Werke in Nippes ist neue Bewegung gekommen. Für die Künstlerinnen und Künstler rückt das endgültige Aus vorerst wieder ein Stück in die Ferne. Die kulturpolitischen Sprecher der Ratsfraktionen wollen sich jetzt parteiübergreifend in Kulturausschuss und Rat dafür einsetzen, dass am Standort der alten Gummifabrik nicht nur abgerissen wird und Wohnungen entstehen, sondern auch Platz für Kunst bleibt. Auf Einladung des Kulturausschussvorsitzenden Lothar Theodor Lemper (CDU) trafen sich vergangene Woche die Kulturpolitiker mit Stadtkämmerer Peter-Michael Soénius (CDU) und den Künstlern vor Ort zu einem Gespräch. Während sich der Kämmerer skeptisch zeigte, einigten sich die Politiker, dass auf dem Areal, das bislang noch von der Continental AG genutzt wird und der Stadt gehört, eine Mischung aus Wohnungen und Ateliers entstehen soll. Ob diese Kunsträume neu gebaut oder erhalten werden sollen, darüber waren sie sich nicht einig.

Vorausgegangen war Ende des Jahres nicht nur die Kündigung der Ateliers zum 31. Dezember 2005, sondern im Januar auch ein Verbot von Seiten der Stadt, die Räume weiterhin für Besucher zu öffnen. Als Grund wurden mangelhafte Brandschutzmaßnahmen angegeben. Außerdem, so der Stadtkämmerer beim jüngsten Treffen, seien die Gebäude durch Schadstoffe kontaminiert und nicht weiter nutzbar. Die Künstler schlugen vor, in Eigenarbeit die nötigen Brandschutzmaßnahmen zu leisten. Außerdem wollen sie die Gutachten der Stadt prüfen lassen.

Seinen Beschluss für die Neubebauung hatte der Rat der Stadt Köln 2003 gefasst. Im vergangenen Jahr fand daraufhin ein Architekturwettbewerb statt. Umstritten ist nun, ob es Sinn macht, diesen Ratsbeschluss zu kippen oder zu ergänzen. Da es noch keinen Investor gebe, sei es möglich, die Bebauungsvorgaben noch zu verändern, argumentierte Hans-Georg Bögner, kulturpolitischer Sprecher der SPD. „1.300 bis 1.400 Wohneinheiten gibt der Markt ohnehin nicht her“, sagte er, „wir wollen in Nippes keine Brache schaffen.“ Bis zur Bebauung sollten die Künstler bleiben dürfen. Einen „Lernprozess der Politiker“ und eine Revision des Ratsbeschlusses von 2003 forderte hingegen die grüne Bürgermeisterin Angela Spizig. Allerdings seien die Ateliers „nicht Eins zu Eins zu erhalten“, und „die Preissituation ändert sich eventuell auch“. Derzeit zahlen die Künstler pro Quadratmeter vier Euro warm. Anreiz sei der „Imagegewinn für Investoren, Künstler zu integrieren“.

Stadtkämmerer Soénius bezeichnete die Möglichkeiten zur Rettung des Atelierprojekts „Cap Cologne“ als „stark begrenzt“. Es müssten „erhebliche Investitionen“ getätigt werden, die sich die Stadt nicht leisten könne. Durch einen Verzicht auf Wohnungen gingen ihr außerdem Einnahmen verloren.

Es komme auf den politischen Willen an, zugunsten des Künstlerstandortes auf einen Teil der Einnahmen zu verzichten, lautete das Fazit der Runde. Planen können die Künstler vorerst nicht. Möglicherweise steht am Ende, wie Lemper andeutete, nur ein gummiweicher Kompromiss.