Die Sache mit den Schmauchspuren und dem Reflex

POLIZEIPROZESS Im Verfahren gegen einen Hamburger Zivilfahnder, der einen Kreditkartenbetrüger erschossen hat, erreicht das juristische Hickhack neuen Höhepunkt und schafft verhärtete Fronten

„Schmauchspuren wären der Beweis für seine Version gewesen“

Anwältin Astrid Denecke

Der Prozess um den Hamburger Zivilfahnder Hans-Peter A., der am 26. Juni 2007 den unbewaffneten Kreditkartenbetrüger Tabor C. (27) rücklings in seinem Wagen erschossen hat, artet kurz vor Ende in einen Hickhack aus. Grund: Amtsrichterin Catrin Knuth hatte zuvor Beweisanträge der Nebenklagevertreterin Astrid Denecke abgelehnt.

Denecke wollte den Polizisten vernommen wissen, der A. damals nach der Tat bewachen sollte. Er sollte darüber Auskunft geben, ob er bei A. – der mit der linken Hand ungewollt aus Reflex geschossen haben will – Schmauchspuren bemerkt habe. Denn der Angeklagte hatte sich – wie er angibt – nach der Tat beim Klogang die Hände gewaschen. Zur Verwunderung von Denecke: „Die Schmauchspuren an der linken Hand wären doch der Beweis für seine Version gewesen.“ Knuth lehnte den Antrag als wenig aufschlussreich ab.

Ein zweiter Punkt brachte Denecke in Rage. Die Juristin wollte die Koryphäe der Neurophysiologie am Uniklinikum Regensburg als Gutachter hören. Er sollte belegen, dass das Gutachten des Hamburger Rechtsmediziners Klaus Püschel, der die Version As. einer Muskelkontraktion als wahrscheinlich klassifiziert hatte, nicht mehr auf dem neuesten Stand der Medizin sei. „Herr Püschel arbeitet mit Toten nicht mit lebenden Menschen“, kritisierte Denecke vergeblich.

Nach einem erfolglosen Befangenheitsantrag gegen Knuth setzte daraufhin die Nebenklage noch eins drauf, forderte eine neurophysiologische Untersuchung von A. und beantragte das Verfahren an das Landgericht wegen Tötungsverdacht zu verweisen. Die Logik: Ein Ortstermin am Pkw des Toten hatte ergeben, dass die Tür von Cs. Renault „Laguna“ ohne Kraftaufwand zu öffnen war. A. hätte aber einen Kraftaufwand von 20 Kilo am Türgriff aufbringen müssen, um einen Reflex in der linken Hand auf seinen „Smith & Wesson“-Colt von notwendigen vier Kilo auszulösen. „Dann lag ein Wille vor“, so Denecke. Eine Entscheidung über die Anträge fällt am Freitag. KAI VON APPEN