Motorräder sind noch dreckiger als Autos

Zu laut, zu schmutzig, zu hoher Benzinverbrauch: Fünf Millionen Motorräder sind einer Studie zufolge die wahren Dreckschleudern auf den deutschen Straßen. Die Grenzwerte sind viel lascher als für Pkws – die Hersteller blockieren

AUS BERLIN HANNA GERSMANN

Satter Sound, hochpoliert, futuristisches Design: Das Motorrad sieht fortschrittlich aus. Dabei sind die meisten der rund 300 Modelle auf dem deutschen Markt eher altertümlich – bei Spritverbrauch und Abgaswerten. Das zeigt das Institut für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) aus Heidelberg erstmalig mit einer Motorrad-Umweltliste. Der kleine Vespa-Roller steht ebenso drauf wie die 300 Stundenkilometer schnelle Kawasaki.

„Biker achten zu wenig auf die Umwelt, Hersteller verschlafen Innovationen, und Politiker versäumen ähnlich wirksame Grenzwerte wie für Pkws einzuführen“, sagte Gila Altmann. Die frühere Umweltstaatssekretärin ist jetzt im Vorstand des Verkehrsclubs Deutschland (VCD).

Motorräder haben in der umweltpolitischen Debatte lange Zeit keine Rolle gespielt. Zu wenig waren es. Mittlerweile wurde aber – nahezu unbemerkt – die magische Zahl von fünf Millionen motorisierten Zweirädern überschritten. Und ein Motorrad verbraucht bis zu acht Liter Benzin auf hundert Kilometern – so viel wie ein Mittelklassewagen.

„Wir fahren doch nur im Sommer“, argumentieren Motorradfahrer gerne. Tatsächlich legt jeder pro Jahr nur 3.600 Kilometer zurück. Das macht zwei Prozent aller Fahrten mit einem mobilen Untersatz in Deutschland aus. Umso erstaunlicher ist es da, dass die Motorräder verantwortlich sind für 15 Prozent des gesamten Ausstoßes von Kohlenwasserstoffen. Diese sorgen ausgerechnet für die Ozonbelastungen an sonnigen Tagen, wenn „besonders viele Biker etwa in der Eifel die Kurven“, wie Gila Altmann sagt, „hoch und runterknallen“. Und was der Motorisierte dann für den guten Ton hält, ist für viele Wanderer und Fahrradfahrer lästiger Lärm.

Doch eine Abgassonderuntersuchungen wie beim Auto? Gibt es nicht! Katalysatoren, die den Dreck mindern? Allenfalls in der Luxusklasse! Die schadstoffbezogene Kfz-Steuer? Sei gescheitert am Widerstand von Bundesverkehrsministerium und den Ländern, die für die Kfz-Steuer zuständig sind, so Altmann.

Immerhin gilt seit 1999 eine Euro-Norm, nach der Schadstoffe wie Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe und Stickoxide im Abgas begrenzt werden müssen. Erst mit Euro 3, die ab 2006 gilt, werden „langsam die Grenzwerte erreicht, die für Autos schon lange gelten“, sagt Altmann. Bisher sind aber gerade mal zwei Euro-3-Modelle beim Kraftfahrt-Bundesamt zugelassen – eine Malaguti und eine Honda.

An einem Zwei-Liter-Motorrad, einem Ökomodell , arbeitet derzeit kein Hersteller, sagt Frank Dünnebeil vom Ifeu-Institut. BMW und Honda gelten schon als Vorreiter, weil sie seit Jahren serienmäßig einen geregelten Katalysator einbauen.

Auch beim Lärm ändert sich nichts. Im Gegenteil verkaufen Hersteller Dezibel als Qualität – je mehr desto besser. Harley-Davidson etwa, besonders beliebt bei reichen, bequemen, alten Männern, wirbt in jeder Anzeige mit dem Geräuschpegel.

Weniger auskunftfreudig sind die Hersteller, wenn es um den Verbrauch geht, erzählt Frank Dünnebeil, der beim Ifeu die Liste betreut hat. Sie sind dazu auch nicht wie die Autobauer verpflichtet. Ändern wird sich das allerdings mit der Euro-Norm 3, die normierte Messungen vorschreibt. Und dann wird es auch ein Umweltranking von Motorrädern geben können, vergleichbar der VCD-Auto-Umweltliste. Bei Motorrädern listet das Ifeu bisher nur die Marke, Leistung, Lärm und so weiter auf.

Was der umweltbewusste Biker derweil tun kann? Gila Altmann, sie selbst fährt eine Yamaha Dragster 650, rät, einen Katalysator nachzurüsten. Das koste ungefähr 1.000 Euro. Verglichen mit Spiegeln, Chromlampen und sonstigem Zubehör sei das – billig.

www.uba.de/verkehr/index.htm