gottschalk sagt
: Amokläufer bevorzugen Malls

CHRISTIAN GOTTSCHALK: Die Kolumne am Donnerstag

Jeanette H. zum Kölner Stadt-Anzeiger: „Ich freue mich auf die Geschäfte in den Köln Arcaden. Da macht Shoppen bestimmt riesigen Spaß.“ Patrick K.: „Ich suche noch eine Wohnung in der Nähe. Dann kann ich täglich in den Köln Arcaden shoppen.“ Shoppen, shoppen, täglich shoppen. Riesiger Spaß. Bürgerinnen und Bürger im Onlineangebot des Kölner Stadt-Anzeiger. Alle freuen sich. Julia und Helena K. sprechen, als hätte die PR-Abteilung sie beide erfunden: „Endlich kommt mehr Stil nach Köln-Kalk. Wir freuen uns auf Bummeln und Schlemmen unter einem Dach.“

Sie sind nicht erfunden. Sie sind halt so, wie die PR-Abteilungen dieser Welt sie haben wollen. Denn die haben gewonnen. Die Leute sprechen ihnen alles nach, die Gehirnaktivität auf Stand-By: „Freuen Sie sich auf Bummeln und Schlemmen unter einem Dach?“ „Oh ja, wir freuen uns auf Bummeln und Schlemmen unter einem Dach.“

Kein normaler Mensch sagt: „Bummeln und Schlemmen unter einem Dach“. Das ist die Sprache der Prospekte-Schreiber. Die Frage, was eigentlich daran gut sein soll, wenn Gastronomie und Einzelhandel in einem Gebäude stattfinden, stellt niemand, außer mir: Was soll daran eigentlich gut sein?

„Warum“, fragte mich Freund M. vor kurzem, nachdem er von einem glimpflich verlaufenen Ereignis in den USA gelesen hatte, „warum bevorzugen Amokläufer Einkaufsmalls?“ „Nun denn“, antwortete ich besonnen und kühl, „weil da viele Menschen sind, nehme ich an.“

Dann erinnerte ich mich an einen Aufenthalt im Centro Oberhausen, der arg an meinen Nerven gezerrt hatte: „Und weil es zwangsläufig ist, es ist der richtige Ort für ein Fanal, hier kulminiert der Wahnsinn, die Menschen verdummt und zombie-gleich in den Fängen der internationalen Konzerne, die Gleichschaltungsmaschine aus H&M, Starbucks, Mediamarkt, kontrolliert von privaten Sicherheitsdiensten, die Menschen sortieren nach nur einem Kriterium: KAUFKRAFT. Die Macht hat doch Procter & Gamble, über DICH über MICH...“ Usw. Allein die Erinnerung an eine Mall ließ mich quasi zu einer menschlichen Zeitbombe werden.

Wäre da nicht die wichtigste aller Fragen, die auch für Amokläufe gilt: Was soll eigentlich daran gut sein?