Fieser Föderalismus

Bringt Roland Koch die Bremer Kulturhauptstadt-Bewerbung zu Fall? Oder gar die Intrigen des Herrn Stoiber? In Berlin geschieht Düsteres

Bremen taz ■ Bremen ist von der nationalen Jury zur offiziellen Kandidatin für die Kulturhauptstadt Europas 2010 erkoren worden – dem Vernehmen nach. Diese in Bremen kursierenden Gerüchte werden von hoffnungsfroh stimmenden Sätzen wie diesem genährt: „Innerhalb der Jury gibt es eine hundertprozentige Klarheit und ein Einverständnis darüber, dass Bremen (...) auf jeden Fall in die Endrunde kommt.“ Das hat zwar kein Vertreter der Jury geäußert, die vor zwei Wochen durch alle Bewerberstädte getourt war, aber immerhin Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates – ein Mann mit Kontakten, möchte man meinen.

Allein: Die Konkurrenz schläft nicht. Insbesondere der Süden macht mobil. Die Ministerpräidenten Koch und Stoiber planen einen Kuhhandel, durch den sowohl Kassel als auch Regensburg weiter gemeldet werden. Das sind die bösen Gerüchte.

Immerhin ist in der Tat merkwürdig, dass eine bereits für Montag geplante Bekanntgabe des Ergebnisses kurzfristig abgesetzt wurde – die Jury-Mitglieder seien vom Ausfall der entsprechenden Pressekonferenz selbst überrascht worden, wird berichtet. Stattdessen sollte es gestern eine gemeinsame Sitzung von Jury und Vertretern der Kultusministerkonferenz (KMK) geben: Um zu erörtern, ob die Jury zwei oder vier Städte empfehlen solle. In dieser Verfahrensfrage liegt durchaus Brisanz: Die Jury selbst wollte sich noch vergangene Woche auf zwei Städte beschränken. Dem Vernehmen nach wären das Bremen und Görlitz gewesen – was ein südlich angesiedeltes Bedürfnis nach Erweiterung der Liste erklären würde.

Was sagt das Bremer Hauptstadt-Büro zu all diesen aufregenden Vorgängen? Gar nichts. „Wir können Gerüchte nicht kommentieren“, erklärt Uli Fuchs.

Klar ist zumindest: Am 10. März hat Isabel Pfeiffer-Poensgen, die Präsidentin der Jury, einen Briefumschlag in der Hand. Den übergibt sie um 11.30 Uhr im Jüdischen Museum an Johanna Wanka. Die wiederum sitzt dann der KMK vor, die zwischen den Tops „Vorbereitung der 309. Plenarsitzung“ und „Vorstukturierung der 312. KMK-Konferenz“ das Votum der Jury zur Kenntnis nimmt, um es an den Bundesrat weiter zu reichen.

Oder sollte man einen Volksentscheid herbeiführen? Dann sähe die Sache schon wieder anders aus: Der auf der Netzseite www.kultur2010.de stattfindene Meinungswettbewerb platziert Kassel und Regensburg ganz unten im zehnköpfigen Bewerberfeld – mit nur 4,19 beziehungsweise 5,65 Prozent der Stimmen. Allerdings liegt Bremen nach Görlitz und Potsdam auch nur auf Platz drei. Henning Bleyl