ENDLICH GEHEN DIE BLAUHELMTRUPPEN IM KONGO GEGEN MILIZEN VOR
: Mit dosierter Gewalt zur Ordnung

Wenn die UNO eine Blauhelmtruppe mit dem Mandat zur Gewaltanwendung in ein Kriegsgebiet schickt, ist auch damit zu rechnen, dass die Truppe Gewalt anwenden muss. Die 14.500 UN-Soldaten in der Demokratischen Republik Kongo sind eigentlich geschickt worden, um den Friedensprozess abzusichern. Weil aber im Osten des Landes weiter Krieg herrscht, müssen sie sich auch ins Kriegsgebiet begeben, um die Zivilbevölkerung zu schützen – und notfalls eben selbst kämpfen.

Nun ist es so weit. Am vergangenen Freitag töteten Milizen im Unruhedistrikt Ituri im Norden des Landes neun UN-Soldaten; es war das schlimmste Massaker an Blauhelmen seit dem Tod von zehn Belgiern in Ruanda zu Beginn des Völkermordes 1994. Tagelang passierte nichts. Das Wochenende ist der UNO im Kongo heilig, und dann musste erst einmal die Trauerfeier stattfinden. Jetzt aber sind die UN-Truppen in Aktion getreten. Die Kongolesen warten schon seit Jahren darauf, dass endlich jemand die Milizen ausschaltet, die im Osten des Landes so viel Leid über die Bevölkerung bringen. Marodierende Jugendliche, die auf Betreiben von Warlords oder zum Spaß Dörfer anzünden, Massenvergewaltigungen begehen, Ernten stehlen und Reisende ausrauben, haben in Ituri und in den Kivu-Provinzen im Osten für einen Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnung gesorgt.

Kongo ist nicht aus eigener Kraft in der Lage, die Milizen in die Schranken zu weisen. Ein Justizsystem, das sich der Milizionäre annehmen könnte, gibt es nicht. Nur militärische Entschlossenheit hilft. Natürlich besteht das Risiko, dass die UN-Soldaten nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden können. Gerade in Ituri sind die Milizen alle auch Selbstverteidigungseinheiten der verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die unter Selbstverteidigung eben auch die Vernichtung des Gegners verstehen. Wenn die UNO hier plump auftritt und wahllos Leute erschießt, riskiert sie einen Volksaufstand. Aber wenn sie klug agiert und die wirklichen Verbrecher aus dem Verkehr zieht, wird sie Applaus ernten. Nach vier Jahren UN-Präsenz im Kongo, die sich eher im Bett als auf dem Schlachtfeld manifestierte, wäre das nur zu begrüßen. DOMINIC JOHNSON