Freundlicher Empfang für Palästinenserchef

Arafat-Nachfolger Mahmud Abbas zu Besuch bei der EU in Brüssel. Palästinenser für größere Rolle der EU in Nahost

BRÜSSEL taz ■ Der neue Chef der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, hat gestern in Brüssel seinen Antrittsbesuch gemacht. Er traf morgens den belgischen König, sprach dann mit Javier Solana, dem außenpolitischen Repräsentanten der Europäischen Union, und kam schließlich mit Kommissionspräsident Barroso und dessen Außenkommissarin Ferrero-Waldner zusammen.

In der für ihn typischen überschwänglichen Art umarmte Solana den Gast aus Palästina und sagte: „Die Palästinenser bewältigen die Situation fantastisch. Sie tun, was sie angekündigt haben, organisieren eine Wahl, einigen sich auf einen neuen Präsidenten und bauen ihren Staat auf.“ Die Wahlnacht, so Solana, werde für ihn unvergesslich bleiben. Die Menschen seien voller Stolz und Hoffnung gewesen – und neue Hoffnung wolle auch die Europäische Union den Menschen in Palästina vermitteln. „Das Ziel ist klar“, sagte Solana. „Es muss einen eigenen Staat geben für diese Menschen, die so viel gelitten haben.“

Abbas verurteilte ein weiteres Mal in deutlichen Worten den Selbstmordanschlag vom Freitag in Tel Aviv, der einen Rückschlag für den Friedensprozess bedeute. Alle politischen Organisationen und gesellschaftlichen Gruppen in seinem Land hätten „fast einstimmig“ das Attentat verurteilt.

Die Auflösung der jüdischen Siedlungen in den palästinensischen Gebieten stehe auf der Tagesordnung der Gespräche mit Israel, sagte Abbas. Auch US-Präsident Bush habe bei seinem Besuch in Brüssel gesagt, die Siedlungen müssten gestoppt werden. Zu israelischen Vergeltungs-schlägen in der Vergangenheit, mit denen häufig auch Gebäude und Büroeinrichtungen zerstört wurden, die aus europäischen Hilfsgeldern finanziert worden waren, sagte Barroso: „Darüber sprechen wir auch mit Israel und den USA. Wir sind enttäuscht, dass einige konkrete Projekte, die wir mit Steuergeldern finanziert haben, von den Israelis zerstört wurden.“

Abbas äußerte den Wunsch, die Europäische Union möge künftig eine größere Rolle im Friedensprozess spielen. Vor allem bei der Organisation der Sicherheitsorgane und beim Aufbau der Verwaltung sei sein Land auf europäische Hilfe angewiesen. Die für Außenbeziehungen zuständige EU-Kommissarin Ferrero-Waldner hatte am Dienstag bei der Londoner Palästina-Konferenz angekündigt, die EU werde im laufenden Jahr 250 Millionen Euro Hilfsgelder bereitstellen.

DANIELA WEINGÄRTNER