SS-Vergangenheit macht CDU nachdenklich

Münsters Christdemokraten gehen auf vorsichtige Distanz zu der nach dem SS-Mann Erik von Witzleben benannten Westpreußen-Stiftung. Deren „Westpreußisches Landesmuseum“ aber soll erhalten bleiben. Grüne fordern Debatte

MÜNSTER taz ■ Die SS-Vergangenheit des Namenspatrons der Westpreußen-Stiftung, Erik von Witzleben, bewegt Münsters CDU. Hatten sich die Christdemokraten noch Ende vergangener Woche geschlossen vor die Stiftung und das von ihr getragene „Westpreußische Landesmuseum“ gestellt, gehen nun erste CDU-Parlamentarier vorsichtig auf Distanz. „Mir war die Vergangenheit Witzlebens nicht bekannt“, sagt nicht nur der Bundestagsabgeordnete Peter Paziorek, ehrenamtliches Mitglied des Stiftungsrates. Der ehemalige CDU-Bundesgeneralsekretär Ruprecht Polenz äußert sich ähnlich, und der christdemokratische Landtagskandidat Thomas Sternberg, auch er ein Kämpfer für das Museum, zeigt sich „schockiert“.

Wie die taz am Freitag berichtete, hatte der Stiftungs-Namenspatron Witzleben in der SS schnell Karriere gemacht. 1940 „im Offiziersrang“ in die Nazi-Eliteorganisation aufgenommen, wurde der westpreußische Landadelige 1942 zum „Sturmbannführer“ befördert. Zusammen mit dem Witzleben-Vorstand und -Stiftungsrat wollen Paziorek und Polenz dies nun durch einen unabhängigen Historiker prüfen lassen – noch trägt die Hoffnung, Witzleben könnte gegen seinen Willen in die SS gedrängt worden sein. Im Gespräch ist Hans-Ulrich Thamer, Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Münster. „Sollte sich die SS-Vergangenheit Witzlebens bestätigen, kommt solch ein Name natürlich nicht mehr in Frage“, sagt Sternberg.

Für Münsters CDU-Oberbürgermeister Bertold Tillmann dagegen ist Witzlebens SS-Karriere dagegen kein Thema. „Dazu beziehen wir einfach keine Stellung“, sagt Tillmanns Referent Oliver Teuteberg. „Stadt und Erik von Witzleben-Stiftung kämpfen zusammen für den Verbleib des Westpreußischen Landesmuseums in Münster“, lässt Tillmann verbreiten. Die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, Christina Weiss, denkt dagegen an eine Zusammenlegung mit dem „Ostpreußischem Landesmuseum“ am Standort Lüneburg. Derzeit sei die Westpreußen-Ausstellung „für eine öffentlichkeitswirksame Museumsarbeit unzureichend“, findet Weiss – Teile des „Landesmuseums“ dienen auch als Standesamt.

Kritik an der Arbeit des Museums lassen die Christdemokraten aber kaum gelten. Dabei ist nicht nur die SS-Vergangenheit Witzlebens kein Thema: Auch werde der Zeitraum von 1920 bis zum Kriegsende 1945 kaum dargestellt, finde das KZ Stutthoff, in dem Zehntausende umgebracht wurden, in der Ausstellung nicht statt, klagen etwa Münsters Grüne. CDU-Landtagskandidat Sternberg lobt das Museum dennoch: „Es wäre fatal, wenn die sehr gute Arbeit wegen einer solchen Sache beendet werden müsste“, beschreibt er Witzlebens SS-Karriere. Museumsdirektor Lothar Hyss habe „nichts bewusst ausgeklammert“, versichert auch Stiftungsrats-Mitglied Paziorek – „eventuell“ könne das Konzept verändert werden. Hyss selbst war gestern für die taz nicht zu sprechen.

Münsters Grünen reicht das nicht: Nötig sei eine öffentliche Debatte, findet der grüne Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel: „Ich erwarte von den Herren Polenz, Paziorek und Sternberg eine öffentliche Distanzierung von der Stiftung – und den Inhalten des Museums.“

ANDREAS WYPUTTA