Ein letztes Mal die Bayern geseh’n

Der SC Freiburg setzt Prioritäten und scheidet durch ein kampfloses 0:7 gegen den FC Bayern München aus dem DFB-Pokal aus. Ob das gut ist für die Moral, wird sich am Samstag zeigen – bei Mitabstiegskonkurrent Mainz 05

FREIBURG taz ■ Dass ein Spiel 90 Minuten dauert, ist die vielleicht grausamste Floskel im banalitätengetränkten Fußball-Business. Denn normalerweise gibt es beim Aufeinandertreffen zweier Mannschaften der gleichen Spielklasse immer eine, die sich nichts sehnlicher wünscht, als dass daraus 91, 92 oder gar 93 werden mögen. So wollten die Spieler von Hansa Rostock dem Schiedsrichter am Dienstagabend beim Viertelfinale in Bielefeld einfach nicht verzeihen, dass er die angekündigte Minute Nachspielzeit vergessen hatte. 24 Stunden später wären beim Viertelfinalspiel um den DFB-Pokal zwischen dem SC Freiburg und Bayern München jedoch alle Beteiligten erleichtert gewesen, wenn nach einer Halbzeit Schluss gewesen wäre. Der Pokal, so war damit einmal mehr bewiesen, hat eben seine eigenen Gesetze.

Bereits nach den ersten 45 Minuten stand es 5:0 für den Rekordmeister. Dabei hatte der zu diesem Zeitpunkt schon um so viele Gänge zurückgeschaltet, dass auch die einzig spannende Frage des Abends (würde es ein zweistelliges Ergebnis werden?) beantwortet war: Es würde nicht. Doch auch eine zweite Halbzeit im Leerlauf sollte genügen, um einem desolaten Gegner die höchste Niederlage seiner Bundesligageschichte beizubringen: Schon nach sieben Minuten erzielte Claudio Pizarro den ersten seiner insgesamt vier Treffer. Eine Hereingabe des starken Sebastian Deisler verwertete abermals der Peruaner zum 2:0 (10.), ehe Michael Ballack (27.), Roy Makaay (34.) und abermals Pizarro (39.) den bemitleidenswerten Ersatztorwart Julian Reinard vollends düpierten.

„Hurra, wir dürfen Bayern sehen“, ätzte es da kurzzeitig aus der SC-Fankurve, die sich ansonsten unauffällig verhielt und deshalb ob ihrer Milde nach dem Spiel von Volker Finke gelobt wurde: „Bei den Fans muss ich mich dafür bedanken, dass die Mannschaft nicht runtergemacht wurde.“

So höflich und galant wie sein Anhang präsentierte sich auch das SC-Team, was eine ortsfremde Journalistin auf der anschließenden Pressekonferenz zu der erstaunten Frage an Felix Magath animierte, ob er denn jemals ein Spiel mit so wenigen Zweikämpfen erlebt habe. Er hatte nicht, war aber bemüht, das darauf zurückzuführen, dass Freiburg eben „eine Mannschaft mit Stärken im spielerischen Bereich“ sei.

Ironischerweise führte einer der wenigen Körperkontakte des gesamten Spiels – Youssef Mohamad verlangsamte den durchspazierten Roy Makaay durch ein Zupfen am Trikot – zu einer roten Karte und damit zur entscheidenden Zäsur des Abends. War das Spiel bis dahin zielstrebig auf ein zweistelliges Ergebnis zugesteuert, beschlich die Bayern in der Halbzeitpause offenbar neben der Erkenntnis, dass man am Samstag gegen Werder Bremen antreten muss, ein gehöriger Schwung Mitleid. Von nun an spielte man mit dem dezimierten Gastgeber, anstatt ihn noch weiter zu demütigen. Gegen eine Mannschaft, die sich zu zehnt wie eine römische Kohorte beim Angriff von Asterix und Obelix einigelte, ließen die Bayern den Ball laufen, tändelten hier ein wenig, schlugen dort einen Haken und schossen hin und wieder einmal so aufs Tor, dass sich immerhin Keeper Reinhard ein paar positive Aktionen ans Revers heften konnte. Dass trotz allem noch zwei Tore fielen (Pizarro, 60.; Hashemian, 76.), ließ sich dann aber doch nicht vermeiden.

Auch nach dem Spiel erwiesen sich die Bayern als Gäste mit Manieren. Nur zwei Sekunden brauchte Michael Ballack, um das Wort „Trainingsspielchen“ aus dem Munde eines ARD-Reporters abzuschwächen. Es werde bei solchen Spielen erfahrungsgemäß eben „mit jedem Tor leichter“, meinte er, ehe Claudio Pizarro kundtat, dass er in Peru sogar schon mal fünf Tore in einem Spiel erzielt habe. Auch Felix Magath schien das soeben Erlebte geradezu peinlich zu sein. „Solche Spiele gibt’s halt mal“, meinte er achselzuckend, „unsere frühen Tore haben für Selbstvertrauen gesorgt, und dementsprechend spielfreudig sind wir dann auch aufgetreten.“

In Freiburg indes hofft man nun inbrünstig auf die Trendwende im Bundesligaspiel bei Mainz 05 am Samstag. Um „Prioritäten zu setzen“ habe er Stammtorwart Richard Golz und Dennis Kruppke geschont und Zlatan Bajramovic frühzeitig ausgewechselt, verriet Volker Finke nach dem Spiel. In einer Mannschaft, in der defensiv gar nichts stimmte, ohne dass ein Sturm existierte, könnte das dennoch hinten und vorne zu wenig sein. CHRISTOPH RUF