Blauer Brief aus Brüssel

Die EU fordert von den öffentlich-rechtlichen Senderneine klarere Abgrenzung von kommerziellen Angeboten

Die EU-Kommission kritisiert in einem gestern eingetroffenen Schreiben an öffentlich-rechtliche Sender und Bundesregierung die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Der Lobbyverband der Privatsender VPRT hatte bei der EU Beschwerde eingelegt. Es geht um den Erwerb von Sportrechten, das Betreiben von Onlinediensten und digitalen Kanälen sowie die Quersubventionierung von Tochterunternehmen.

In der Rundfunkgebühr erkennt die Brüsseler Generaldirektion Wettbewerb (GD) eine „staatliche Beihilfe“, denn ihre Höhe werde nicht von der unabhängigen „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs“ (KEF), sondern von den Landtagen festgelegt. Insbesondere beklagt die Generaldirektion Wettbewerb die mangelhafte „Trennung zwischen Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und sonstigen rein kommerziellen Tätigkeiten“. Fazit: „Die verschiedenen Finanzierungsmechanismen verfälschen den Wettbewerb und beeinträchtigen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten.“

Können die klagenden Privatsender also jubeln? Das wäre voreilig. Denn „staatliche Beihilfen“, die bereits vor Gründung der EU (ehemals EWG) bestanden, können nicht angetastet werden. Und so gesteht die GD Wettbewerb, dass sowohl der spätere ZDF-Staatsvertrag als auch das „KEF-Verfahren“ zur Ermittlung der Rundfunkgebühren und sogar die Finanzierung der Online-Aktivitäten als „bestehende“ und nicht als „neue“ Beihilfe anzusehen sind.

Gegenüber der Bundesregierung und den Bundesländern verlangt die EU eine klarere Trennung zwischen gemeinwirtschaftlichen Aufträgen und rein kommerziellen Tätigkeiten. Die Sender sollen diesbezüglich eine klar getrennte Buchführung praktizieren und im Onlinebereich Telespiele, Teleshopping und mobile Dienste in Kooperation mit Handynetzbetreibern beenden.

Hinsichtlich der Sportrechte scheinen ARD und ZDF dagegen auf der sicheren Seite zu sein. Zwar sollen sie großzügiger Sublizenzen verkaufen. Doch mehr als freundliche Appelle traut sich die EU-Direktion hier nicht. Die „ARD-Sportschau“ bleibt ungefährdet, jedenfalls von Brüssel aus. An mehreren Stellen des Textes ist die Rede von einer „vorläufigen Auffassung“. In fast allen Punkten wird die Bundesregierung um weitere und präzisere Stellungnahmen gebeten. Der Kampf der Ideologien vom „freien Wettbewerb“ versus „am Wohle der Allgemeinheit orientierter Medien“ wird also fortgesetzt, ebenso der Kompetenzkampf zwischen EU-Kommission, Bundesregierung und Bundesländern. MARTIN BÖTTGER